Feldzeugmeister Freiherr und Baron von Beaulieu-Marconnay

BeaulieuJohann Peter Beaulieu (auch Jean Pierre genannt) wurde am 26. Oktober 1725 in Jodoigne nördlich von Namur/Brabant (Belgien) geboren. Im Alter von noch 17 Jahren trat der jugendliche Beaulieu 1743 als Fähnrich in das kaiserlich-österreichische Infanterie-Regiment Nr. 3 „Prinz Karl von Lothringen“ ein. Im Jahr 1757 im Stab des Armeehauptquartiers, diente Beaulieu als Adjutant im Rang eines Hauptmanns unter dem berühmten Feldmarschall Leopold Graf von Daun (1705-1766) und nahm an den Schlachten und Gefechten des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) teil. Beaulieu focht bei Kolin (18. Juni 1757) wo er das erste Mal in seiner Laufbahn verwundet wurde. Daraufhin zum Major befördert, nahm er an den Schlachten von Breslau (22. November 1757) sowie Leuthen (5. Dezember 1757) teil. Es folgte seine weitere Teilnahme an den Gefechten bei Olmütz, Gera und Maxen (20. November 1759) sowie der Erstürmung der schlesischen Festung Schweidnitz (1. Oktober 1761). Für seine Verdienste und seine auf dem Schlachtfeld bewiesene Tapferkeit empfing Beaulieu bei der 5. Promotion am 23. Januar 1760 das Ritterkreuz des Maria-Theresien-Ordens. Gleichzeitig mit dieser Ehrung wurde er zum Oberstleutnant befördert und von Kaiserin Maria Theresia (1717-1780) zum Baron erhoben.

Nach Ende des Siebenjährigen Krieges im Jahr 1763 verbrachte Beaulieu die darauffolgenden Friedensjahre damit, bedeutende Kunstwerke und alte Bücher zu sammeln. Im Jahr 1768 zum Oberst befördert, wurde Beaulieu dem Militärgouvernement in den österreichischen Niederlanden (Belgien) zugeteilt. Als Beaulieu 1789 zum Generalmajor befördert, und zum Gouverneur von Malines (ehemals Mechelen) ernannt worden war, brach in der Provinz Brabant wie in den anderen Provinzen der österreichischen Niederlande der Aufstand los. Um dem Leser einen besseren Überblick über diesen Aufstand zu verschaffen, gehe ich hier kurz auf dieses Ereignis ein:

    Kaiser Joseph II. (1741-1790) hatte durch seinen Reformeifer im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation die von ihm in der sogenannten „Joyeuse entrée“ ausdrücklich anerkannten ständischen Gerechtsame der belgischen Provinzen Brabant, Limburg und Antwerpen nicht geachtet, und dadurch einen förmlichen Aufstand und Sezessionsversuch eines großen Teils der österreichischen Niederlande hervorgerufen. Die Studierenden der ihrer Privilegien beraubten Universität Löwen gaben das Zeichen zum Aufstand! Das unsichere Verhalten der österreichischen Statthalterschaft in Brüssel ermutigte die Aufständischen, welche angeführt von dem Advokaten Hendrik Van der Noot, die Anerkennung Kaiser Josephs II. 1788 als ihren Herrscher verweigerten. Die österreichischen Garnisonstruppen unter Feldmarschall-Leutnant Arberg wurden am 26.-27. Oktober 1789 bei Turnhout von einem 3.000 Mann starken aufständischen Freiwilligenkorps unter der Führung des belgischen Generals Van der Mersch

    (Anmerkung: Bemerkenswert ist hierbei das Van der Mersch ein Veteran des Siebenjähriges Krieges in französischen Diensten war. 1778 durch Beziehungen mit Graf von Wurmser in kaiserlich-österreichische Dienste übergetreten, wurde er sogar von Kaiser Joseph II. zum Oberst befördert. Danach nahm er seinen Abschied und kehrte nach Belgien zurück) in die Flucht geschlagen. Nach ihrem Sieg nahmen die belgischen Insurgenten mehrere befestigte Städte ein. In Brüssel selbst wurde - nachdem das österreichische Statthalter-Ehepaar Albert Herzog von Sachsen-Teschen und dessen Gemahlin Erzherzogin Marie Christine geflohen waren – im Dezember 1789 die österreichische Garnison zur Kapitulation und zur Räumung der Stadt gezwungen. Bereits am 11. Januar 1790 erklärten sich sämtliche Provinzen der österreichischen Niederlande als „Vereinigte belgische Staaten“ für einen unabhängigen Staat und übertrugen ihre gemeinsamen Angelegenheiten einem Kongress. Aber die Spaltung der Aufständischen in eine demokratische Partei unter Bonck und einer klerikal-aristokratischen unter Van der Noot, machten es, obwohl der Kongress, die Anerbietung des neuen Kaisers des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, Leopold II. (1747-1792; jüngerer Bruder von Joseph II.) zurückwies, dem österreichischen Feldmarschall Blasius Columbus Freiherr von Bender (1713-1798), welcher sich bis dahin in Luxemburg gehalten hatte, möglich Ende November 1790 ohne große Schwierigkeiten (u.a. Sieg der Österreicher über die belgischen Insurgenten bei Falmagne am 28. September 1790) das Land zu unterwerfen. Daraufhin wurde eine Amnestie erlassen und die früheren Rechte und Ordnungen wiederhergestellt.)

Beaulieu hatte in der Niederschlagung dieses Aufstandes besonders im Feldzug von 1790, gemeinsam übrigens mit dem damaligen Feldmarschall-Leutnant Maximilian Graf Baillet de Latour unter dem Oberbefehl Feldmarschall Benders, eine große Rolle gespielt. Leider wurde auch Beaulieus Familie durch diesen Aufstand in Mitleidenschaft gezogen. Während Beaulieu nämlich bei Ausbruch der Feindseligkeiten in Malines weilte, und dort versuchte die belgische Rebellion gegen seinen Kaiser mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterdrücken, verlor er zu diesem Zeitpunkt seinen einzigen (adoptierten) Sohn. Dieser war seinem Vater in der militärischen Laufbahn gefolgt, war zum Hauptmann in der österreichischen Armee aufgestiegen und diente im Jahr 1789 unter seinem Vater, weilte aber in dessen Haus in Jodoigne. Die belgischen Insurgenten hatten Beaulieus Haus in Jodoigne als Objekt ihrer Rache ausgewählt. Es ging dabei in Flammen auf, und Beaulieus gesammelte Werke und Kunstschätze wurden ein Opfer des Feuers. Leider wurde sein Sohn bei der vergeblichen Verteidigung des väterlichen Hauses durch die Insurgenten schwer verwundet, und verstarb am 25. Juni 1790 an der ihm zugefügten Wunde. Auf die Nachricht vom Tod seines Sohnes hin, zeigte Beaulieu eine einzigartige ruhige und stoische Gelassenheit, welche immer wieder seine völlige Hingebung an Kaiser und Staat kennzeichnete, in dem er seiner nächsten Umgebung erwiderte: „Meine Freunde, dies ist nicht der Zeitpunkt für Tränen, wir müssen den Sieg erringen!“ Schließlich hielt er auch Wort und siegte. Überall im Land wurden die belgischen Aufständischen besiegt und vom Feld gejagt. Für seine Leistungen in der Niederschlagung des Aufstandes wurde Beaulieu am 2. Oktober 1790 zum Feldmarschall-Leutnant befördert und bei der 23. Promotion vom 19. Dezember 1790 mit dem Kommandeurskreuz des Maria-Theresien-Ordens ausgezeichnet.

Im Frühjahr 1792 zum Inhaber des Infanterie-Regiments Nr. 31 erhoben, diente Beaulieu bei Ausbruch des Ersten Koalitionskrieges im April 1792 als Divisionskommandeur unter dem Statthalter der österreichischen Niederlande Feldmarschall Albert von Sachsen-Teschen. Besonders erwähnenswert ist die Tatsache dass Beaulieu die Bestimmung hatte, der erste General Europas zu sein, welcher die französischen Revolutionstruppen in ein Gefecht verwickelte und in die Flucht schlug! Dieses Ereignis fand vom 28.-29. April 1792 statt, wo er eine französische Invasionskolonne unter dem General Biron (ca. 7.500 Mann stark) in der Nähe von Mons (Quaregnon village) in die Flucht schlug. Leider nutzte Beaulieu seinen Sieg hierbei nicht aus, und eine Verfolgung des geschlagenen Gegners unterblieb. Auch im Gefecht bei Harlebeke (südwestlich von Gent) am 23. Juni 1792 schlug Beaulieu seinen Gegner, die Reserve der französischen Nordarmee unter General Chatelet, unterlies aber eine Verfolgung. In der Schlacht von Jemappes (6. November 1792) kommandierte Beaulieu den linken Flügel (bestehend aus drei Infanterie-Bataillonen, 5 Kompanien des Serbischen Freikorps und einer Eskadron des Husarenregiments Nr. 16 „Blankenstein) von Feldmarschall Albert Herzog von Sachsen-Teschen und focht gegen den französischen rechten Flügel unter den Generälen Beurnonville und Harville.

Zu Beginn des Feldzuges von 1793 kommandierte Beaulieu ein Korps von 13.000 Mann bei Arlon. Mit großer Auszeichnung und Umsicht focht Beaulieu in den folgenden Feldzügen und Kämpfen von 1793-1794 in Belgien gegen die französischen Revolutionstruppen. Beaulieu kommandierte unter dem Erbprinzen Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau (1772-1843) eine der Hauptkolonnen in der Ersten Schlacht von Fleurus am 16. Juni 1794 und half den Sieg zu entscheiden. In der Hauptschlacht der sogenannten Zweiten Schlacht von Fleurus am 26. Juni 1794 befehligte er unter dem österreichischen Oberbefehlshaber Feldmarschall Prinz von Sachsen-Coburg-Saalfeld die fünfte Kolonne gegen die vereinigten französischen Heere unter ihrem Obergeneral Jourdan. Beaulieu stieß mit seinen Truppen bis Lambusart vor und verursachte in den gegnerischen Linien eine große Verwirrung und Unordnung, ehe er durch einen ausdrücklichen Befehl von Prinz Coburg zum Rückzug gezwungen wurde. Nach der Schlacht von Prinz Coburg in seinem Kommando abgelöst, zeichnete ihn Kaiser Franz II. für seine Verdienste auf dem Schlachtfeld bei der 34. Promotion vom 7. Juli 1794 mit dem Großkreuz des Maria-Theresien-Ordens aus, und ernannte ihn zum Inhaber des vakant gewordenen Infanterie-Regiments Nr. 58. Nachdem Prinz Coburg von seinem Posten als Oberbefehlshaber zurücktrat, und durch Feldzeugmeister Graf von Clerfayt ersetzt wurde, wurde Beaulieu am 21. August 1794 zu dessen Generalquartiermeister (Stabschef) ernannt.

Ein Jahr lang in diesem Posten unter Graf von Clerfayt tätig, wurde Beaulieu am 4. März 1796 zum Feldzeugmeister befördert und zum Oberbefehlshaber der k.k. Lombardischen Armee (bestehend aus 42 Bataillonen und 24 Eskadronen mit 140 Geschützen, zusammen 45.000 Mann) ernannt. Am 17. März 1796 übernahm Beaulieu das Kommando dieses Heeres von seinem Vorgänger Feldzeugmeister Oliver Graf von Wallis. Doch der Feldzug gegen den brillanten Napoleon Bonaparte verlief höchst unglücklich. Seine Unterbefehlshaber wurden der Reihe nach bei Montenotte (11.-12. April 1796), Millesimo (13.-14. April 1796), Dego (14.-15. April 1796) und Mondovi (22. April 1796) von den französischen Truppen geschlagen und mussten schwere Verluste hinnehmen. Beaulieu selbst wurde von Bonaparte an der Brücke von Lodi am 10. Mai 1796 geschlagen und verlor dadurch Mailand sowie die Lombardei an das französische Heer. Um eine Belagerung der für Österreich äußerst wichtigen Festung Mantuas durch die französischen Truppen zu verhindern, bezog Beaulieu hinter dem Mincio eine Verteidigungsstellung. Doch schon am 30. Mai 1796 stürmte Napoleon Bonaparte bei Borghetto über den Mincio und zerstreute die weit zerstreuten und demoralisierten österreichischen Verteidiger, welche nun gezwungen waren sich nordwärts nach Tirol zurückzuziehen und die Festung Mantua ihrem Schicksal zu überlassen. Nach so vielen Unglücksfällen mußte Beaulieu die Ungnade seines kaiserlichen Herrn, Franz II. kennenlernen. Er wurde abberufen, und Feldmarschall-Leutnant Melas erhielt vorläufig den Oberbefehl über die Reste des österreichischen Heeres, dessen Hauptquartier nun nach Trient gezogen war. Feldmarschall Graf von Wurmser wurde von der k.k. Oberrhein-Armee abberufen, um den Oberbefehl in Italien zu übernehmen.

Beaulieu zog sich auf seine Besitzungen bei Linz zurück, wo er sich seinem großen Hobby der Kunst und Architektur widmete (Beaulieu wurde später damit beauftragt, die kaiserlichen Paläste zu verzieren). Leider wurde während der Feldzüge von 1805 und 1809 sein Heim in Linz von der französischen Soldateska geplündert. Er starb am 22. Dezember 1819 auf seinem Schloss bei Linz.

Beaulieu ein General der alten k.k. Schule und Taktik, persönlich stets tapfer und umsichtig, war für den jungen Napoleon Bonaparte kein wirklich ernstzunehmender Gegner. Denn Beaulieu dachte und handelte noch im „alten Stil“ während Bonaparte die gesamte Kriegsführung revolutionierte. Es bleibt hierbei zu erwähnen dass die Familie Beaulieu für das Haus Habsburg viel Blut opferte. So wurde einer von Beaulieus drei Brüder tödlich in der Schlacht von Breslau (22. November 1757) verwundet, der zweite fiel in der Schlacht von Hochkirch (14. Oktober 1758) der dritte starb an seiner im Bayerischen Erbfolgekrieg (1778/79) zugezogenen Verwundung im Jahr 1782. Sein Adoptivsohn fiel wie bereits erwähnt bei der Verteidigung seines Hauses gegen die belgischen Aufständischen. Beaulieus Schwiegersohn, der Major Gustav Baron Maelcamp (dieser hatte Ende 1790 dessen Tochter Baronesse Luise de Beaulieu geheiratet) fiel in der Schlacht bei Ostrach am 21. März 1799.