Feldzeugmeister Freiherr von Hiller

HillerJohann Freiherr von Hiller, wurde am 10. Juni 1754 in Brody in Galizien geboren. Die Angaben über Hillers Geburtsort und Jahr lauten sehr verschieden; Einige lassen ihn 1748 in Modena, die meisten am 10. Juni 1754, andere 1755, in Wiener-Neustadt oder in Brody geboren lassen sein. Aufgrund dieser Unstimmigkeiten kann es bei Hillers Biographie zu eventuellen zeitlichen Fehlern kommen. Hillers Vater war ein erst im Jahr 1771 in den Adelsstand erhobener Oberst der kaiserlich-österreichischen Armee und zuletzt Platzkommandant in Brody. Im Alter von 15 Jahren trat der junge Hiller als Kadett in das Infanterie-Regiment Nr. 8 „Sachsen-Hildburghausen“ ein. Im Jahr 1769 wechselte er bereits zum Leutnant aufgestiegen zum Dragoner-Regiment Nr. 38 „Karl Eugen Herzog von Württemberg“ (Anmerkung: Bei der Reform von 1798 in Dragoner-Regiment Nr. 8 und im Jahr 1802 in Nr. 3 umnummeriert) über. Bald darauf im Jahr 1771 wurde Hiller in gleichem Rang wieder zur Infanterie zurückversetzt. 1774 erkaufte sich Hiller eine Hauptmannsstelle im Warasdiner-Kreuzer Grenzinfanterie-Regiment Nr. 5. Dieser „Handel“ dürfte aber nicht ohne fragwürdige Manipulationen Hillers vonstatten gegangen sein.

Während des Bayerischen Erbfolgekrieges (1778/79) blieb Hillers Einsatz im Feldzug gegen Preußen, obwohl dieser sich danach sehnte seinen glühenden Ehrgeiz in rühmliche Kriegstaten umzusetzen recht beschränkt. Erst der daraufhin ausbrechende Krieg gegen das Osmanische Reich (1787-1792) bot Hiller die willkommene Gelegenheit sich auszuzeichnen. Schon 1788 inzwischen im Rang eines Oberstleutnants, wurde Hiller für seine aktiv geführte Verteidigung eines Grenzabschnittes in Kroatien bei der 15. Promotion vom 15. November 1788 mit dem Ritterkreuz des Maria-Theresien-Ordens ausgezeichnet, im darauffolgenden Jahr folgte die damit verbundene Erhebung in den Freiherrenstand. Die weitere erfolgreiche Teilnahme an der Eroberung von Berbir 1789 brachte Hiller die Beförderung zum Obersten ein, aber auch die Gönnerschaft des österreichischen Feldmarschalls Graf von Laudon (1717-1790).

Nach einigen unruhigen Zwischenspielen, in welchen sich zeigte, dass sich Hiller durch seine rücksichtslose Art, seine Karrierepläne durchzusetzen, innerhalb der kaiserlichen Generalität einflussreiche Feinde geschaffen hatte, wurde er als Generalmajor und Brigadekommandeur im Jahr 1794 zur k.k. Lombardischen Armee nach Norditalien beordert. Dort konnte er sich vorerst nicht auszeichnen. Erst seine Ernennung zum Feldkriegskommissar (Hiller war als solcher für die Verpflegung der Truppen zuständig) stellten Hiller nun auf einen verantwortungsvollen Posten. So gut es die ihm beigegebenen Mittel erlaubten, konnte Hiller diese Aufgabe nach besten Kräften ausfüllen. Allerdings wurde Hiller im Jahr 1796 den Intrigen seines neuen Oberbefehlshabers, dem Feldzeugmeister Olivier Remigius Graf von Wallis, ausgesetzt, abberufen und als Brigadekommandeur zu den kaiserlich-österreichischen Truppen an den Rhein versetzt. Dort erwuchs ihm in der Person des dortigen Oberbefehlshabers, dem Erzherzog Karl ein neuer Gönner. Gleichzeitig sollte aber gerade dessen damaliger Adlatus, Feldmarschall-Leutnant Graf von Bellegarde, beim endgültigen Sturz Hillers im Jahr 1813 eine zentrale Rolle spielen! Vorläufig musste sich Hiller, nachdem er sich im Feldzug von 1796 neuerlich bewährt hatte, aus gesundheitlichen Gründen um die Versetzung in den Ruhestand bitten, welche Bitte ihm auch gewährt wurde.

Im Jahr 1798 in den aktiven Dienst zurückgekehrt, nahm Hiller am Feldzug von 1799 unter Erzherzog Karl teil. In der Ersten Schlacht bei Zürich am 4. Juni 1799 wurde Hiller, neben seinem alten Vorgesetzten dem Feldzeugmeister Olivier Remigius Graf von Wallis, beim Angriff auf die französischen Verschanzungen des Zürichberges an der Spitze der österreichischen Grenadier-Reserve schwer verwundet. Er erhielt hierbei einen Schuss durch seine Kniescheibe, welcher ihm in der Folge beschwerlich wurde und ihn zu einem hinkenden Gang veranlasste. Durch seine in der Ersten Schlacht bei Zürich gezeigte Tapferkeit errang sich Hiller eine beträchtliche Popularität im Heer und wurde bereits im September 1799 zum Feldmarschall-Leutnant befördert. Im Jahr 1801 Divisionskommandeur in Agram (heute: Zagreb/Kroatien) und zum zweiten Inhaber des Infanterie-Regiments Nr. 2 „Erzherzog Ferdinand Carl“, dessen alleiniger Inhaber und Namensgeber Hiller von 1806 bis 1814 war. Im Jahr 1814 erhielt Hiller allerdings anstelle des 2. die Inhaberschaft über das Infanterie-Regiment Nr. 53 verliehen. In Agram weilte Hiller jedoch nur eine kurze Weile, um bereits im selben Jahr noch den Posten eines Militärkommandeurs von Tirol zu bekleiden.

Während des Dritten Koalitionskrieges von 1805 erhielt Hiller das Kommando über das k.k. Korps von Südtirol (44 Bataillone und 6 Eskadronen, insgesamt 19.930 Mann) und wurde mit der Verteidigung von Südtirol betraut. Doch bereits nach der Niederlage der k.k. Hauptarmee unter Mack in Süddeutschland und dem damit verbundenen strategischen Rückzug der k.k. Italien-Armee Erzherzog Karls, wurde Hiller in den allgemeinen Rückzug hineingezogen. Nach einem weiteren Intermezzo als Militärkommandeur im neu erworbenen Salzburger Land, kehrte der bei den gewöhnlichen Soldaten stets außerordentlich beliebte Hiller im Jahr 1807 an die Militärgrenze zurück und wurde zum Kommandeur der Karlstädter-Warasdiner-Grenze ernannt. Hillers Widerstand gegen die auch von Erzherzog Karl mitverantworteten, gerade die Militärgrenze betreffenden Anordnungen, brachten ihn in einen scharfen Gegensatz zu seinem früheren Gönner.

Im Krieg von 1809 erhielt Feldmarschall-Leutnant Freiherr von Hiller das Kommando über das VI. Armeekorps (20 Bataillone, 16 Eskadronen, 82 Geschütze, zusammen rund 22.400 Mann) in der österreichischen Hauptarmee unter Erzherzog Karl übertragen. Es ist hierbei übrigens bemerkenswert zu erwähnen, dass Hiller, von den Korpskommandeuren der österreichischen Hauptarmee (Graf Bellegarde, Graf Kolowrat-Krakowsky, Fürst Liechtenstein, Fürst Rosenberg-Orsini, Prinz Hohenzollern-Hechingen, Erzherzog Ludwig von Habsburg sowie Freiherr von Kienmayer), der einzige kommandierende General bürgerlicher Abstammung war! Beim Einmarsch der österreichischen Armee in Bayern bestand Hillers Aufgabe darin, den linken Flügel der gesamten operierenden Armee Erzherzog Karls zu decken. Infolge dieses unglücklichen Feldzuges des Erzherzogs mußte auch Hiller mit seinen Truppen am 21. April 1809 bei Landshut eine empfindliche Niederlage bei Landshut einstecken. Während des Rückzugs aus Bayern konnte Hiller sich seinen nachdrängenden Verfolgern der bayerischen Division Wrede stellen und schlug diese im Gefecht bei Neumarkt-St. Vieth am 24. April 1809, was ihm später bei der 73. bis 86. Promotion in den Jahren 1809-1810 das Kommandeurskreuz des Maria-Theresien-Ordens einbrachte. Doch gerade Hillers Eigenmächtigkeiten, die er sich am Rückzug als Korpskommandeur leistete, vertieften seinen Ruf als problematischen Charakter ebenso, wie sie die Zahl seiner Freunde innerhalb des Offizierskorps weiter verringerten! Nachdem Feldmarschall-Leutnant Freiherr von Hiller in dem Gefecht von Ebelsberg an der Traun am 3. Mai 1809 seinem französischen Verfolger dem Marschall Masséna  ein wirklich betont, sehr ungemein zähes und verlustreiches Gefecht geliefert hatte (Die Verluste Massénas betrugen über 3.500 Mann, die Hillers über 7.300 Mann und 4 Geschütze), bildete Hiller mit seinem VI. Armeekorps in der Schlacht bei Aspern-Essling (21.-22. Mai 1809) als erste Angriffskolonne den äußersten rechten Flügel der österreichischen Schlachtlinie.

Die Schlacht von Aspern-Essling in welcher Hiller 10.500 Mann Infanterie, 1.800 Reiter und 52 Geschütze kommandierte, bildete den Höhepunkt seiner bisherigen militärischen Laufbahn. Konnte er sich doch nach der Schlacht rühmen, mit seinem Korps ganz wesentlich zur Entscheidung beigetragen zu haben! Leider kam es nach der Schlacht mit Erzherzog Karl. Zum endgültigen Bruch. Freiherr von Hillers an diesem Platz zweifellos richtiges Drängen, die sich über die Donau zurückziehenden Franzosen in der Lobau mit aller Macht anzugreifen und zu zersprengen, wurde vom österreichischen Oberkommando (Erzherzog Karl und dessen Generalstabschef Wimpffen) nicht entsprochen. Nach der Ablehnung seines Vorschlages immer öfter mit Erzherzog Karl im Meinungsunterschied und über diesen zutiefst erbost, außerdem unglücklich über die momentane Situation, bat Hiller am 4. Juli 1809 den Erzherzog eine eigene Gesundheitsverschlechterung vorschützend, ihn seines Kommandos zu entheben. Erzherzog Karl reagierte sofort und ersetzte Hiller in seinem Korpskommando durch den Feldmarschall-Leutnant Graf von Klenau. Nach Ende des Krieges von 1809 kehrte Hiller nun zum Feldzeugmeister befördert, wieder als kommandierender General an die Militärgrenze zurück.

Nach der Kriegserklärung Österreichs an Frankreich (11. August 1813) erhielt Freiherr von Hiller 1813 sein letztes Feldkommando als Oberbefehlshaber der k.k. Armee von Innerösterreich. Am 12. August 1813 übernahm Hiller das Kommando seines Heeres (35.000 Mann mit 120 Geschützen). Gegenüber stand ihm der italienische Vizekönig Eugéne Beauharnais mit etwa 51.400 Mann und 130 Geschützen. Der Feldzug wurde zunächst erfolgreich eröffnet. Hiller hatte nach einigen kleineren siegreichen Gefechten Ende Oktober 1813 die Stellung der Armee des italienischen Vizekönigs bei Codroipo unhaltbar gemacht. Dies einsehend trachtete Beauharnais danach, sich schnellstens der drohenden Einkreisung durch das österreichische Heer zu entziehen. Dass es Hiller während des weiteren Feldzugverlaufs nicht gelang, den italienischen Vizekönig abzufangen und durch einen deutlichen Sieg den Krieg in Norditalien zu entscheiden, mochte zu seiner endgültigen Abberufung und Ersetzung durch den damaligen Hofkriegsratspräsidenten Graf von Bellegarde durch kaiserliches Handschreiben vom 3. November 1813 beigetragen haben. Schon Anfang Oktober 1813 hatte Hiller von Graf von Bellegarde die Weisung erhalten, dass jede Niederlage die den Rücken der österreichischen Hauptarmee unter Fürst Schwarzenberg gefährden könnte und sich politisch nachteilig auswirken musste, zu vermeiden sein sollte, und dies obwohl sich bereits das Königreich Bayern im Vertrag von Ried (8. Oktober 1813) auf die Seite der Gegner Napoleons gestellt hatte! Über Hillers Haupt schwebte während des Feldzuges in Italien ständig das drohende Damoklesschwert des hofkriegsrätlichen Unmutes unter Graf von Bellegarde! Nicht selten bekam Hiller die Zügel der Wiener Zentralstelle zu spüren. Freiherr von Hiller hatte zweifellos gute operative Ideen, aber er zögerte in den entscheidenden Momenten welche eine definitive Änderung der Lage hätten bringen können. Hillers beide Offensiven im Drautal, die erfolgreich begannen und den italienischen Vizekönig Eugéne Beauharnais zu Gegenaktionen zwangen, waren leider auffallend zu kurzatmig ausgeführt. Dass Hiller nach kurzen kräftigen Vorstößen, wieder in ein übervorsichtiges, ja geradezu systematisches Nachrücken verfiel, war wohl aber auch nicht zuletzt in den mehrfachen Aufforderungen des Hofkriegsratspräsidenten Graf von Bellegarde, defensiv zu bleiben und keine Niederlage zu riskieren, begründet.

Nach weiteren Intrigen Bellegardes wurde Hiller schließlich im November 1813 seines Kommandos enthoben. Dennoch muss man Hiller in einem Punkt verteidigen: Seine vordringlichste Aufgabe hatte er vollkommen erfüllt - die Fernhaltung des Krieges von den österreichischen Stammlanden und damit zugleich auch die Deckung des Rückens der kaiserlichen Hauptarmee unter Fürst Schwarzenberg, bei welcher schließlich die Entscheidung fallen musste. Anfang des Jahres 1814 vorläufig pensioniert, wurde Freiherr von Hiller schließlich zum kommandierenden General in Siebenbürgen ernannt. Er verstarb am 5. Juni 1819 in Lemberg (heute: Lviv/Ukraine).