Feldmarschall Erzherzog Johann von Habsburg

Erzherzog JohannErzherzog Johann Baptist Josef wurde als dreizehntes von insgesamt sechzehn Kindern des Kaisers Leopold II. (1747-1792) und Kaiserin Maria Ludovika, Infantin von Spanien aus dem Hause Bourbon (1745-1792) am 20. Januar 1782 in Florenz geboren. Im Jahr 1792 verlor der junge Johann innerhalb von nur drei Monaten seine Eltern. Sein ältester Bruder, der 24jährige Erzherzog Franz bestieg noch im selben Jahr als Kaiser Franz II. den Thron. Des jungen Erzherzogs wissenschaftliche Studien, vorwiegend das Studium von Geschichte und der Naturwissenschaften, wurden im Hinblick auf den seit April 1792 herrschenden Kriegszustand mit Frankreich bald durch die notwendig erscheinende gründliche militärische Ausbildung verdrängt.

Während seiner militärischen Ausbildung wurde Erzherzog Johann 1795 zum Inhaber des Dragoner-Regiments Nr. 26 (Anmerkung: ehemals „Erzherzog Josef Anton von Toscana“, erhielt nach der Reform von 1798 als Dragoner-Regiment die Nr. 3 und im Jahr 1802 als Dragoner-Regiment die Nr.1 ) ernannt. Überraschenderweise wurde dem erst 18jährigen Erzherzog Johann im September 1800 den Oberbefehl der k.k. Hauptarmee in Bayern übertragen, nachdem sein älterer Bruder Erzherzog Karl diesen abgelehnt hatte. Als militärischer Berater wurde ihm hierbei Feldzeugmeister von Lauer zur Seite gestellt. Obwohl Erzherzog Johann persönlich seine Tapferkeit auf dem Schlachtfeld erwies, wurde er in der katastrophalen Schlacht von Hohenlinden (3. Dezember 1800) von der französischen Rhein-Armee Moreaus vollständig geschlagen. Immerhin konnte er zwar in den Rückzugsgefechten entlang der Saalach bei Salzburg (12.-14. Dezember 1800) den französischen Truppen empfindliche Verluste zufügen, doch waren diese Erfolge der österreichischen Truppen einigen seiner fähigeren Unterbefehlshaber (Feldmarschall-Leutnant Johann Fürst von Liechtenstein, Feldmarschall-Leutnant Graf von Riesch) zuzuschreiben. Schließlich mußte er das Oberkommando wieder an seinen älteren Bruder Erzherzog Karl abtreten, nach welchem die Soldaten des Heeres lautstark verlangt hatten. Nach dem Frieden von Lunéville 1801 wurde Erzherzog Johann zum Generaldirektor des Genie- und Fortifikationswesens, und bald darauf zum Direktor der Ingenieurakademie und der Wiener Neustädter Militärakademie ernannt.

Zu Beginn des Dritte Koalitionskrieges wurde Erzherzog Johann am 1. September 1805 zum General der Kavallerie ernannt und dazu bestimmt das Kommando über das Zentrum der k.k. Italien-Armee unter dem Oberbefehl seines Bruders Erzherzog Karl zu übernehmen. Erzherzog Johann übernahm aber aufgrund der Bitten einer Gesandtschaft der Tiroler Landstände am 15. Oktober 1805 das Oberkommando der k.k. Armee von Tirol (rund 30.000 Mann) und damit die Aufgabe der Landesverteidigung Tirols. Eine seiner wohl bittersten Enttäuschungen in diesem Krieg, bedeutete für ihn die vom kaiserlichen Hof in Wien befohlene Räumung Tirols. Und dies obwohl er darum gebeten hatte, dieses Land selbständig verteidigen zu dürfen! Immerhin wurde ihm in Anerkennung seiner in diesem Feldzug von 1805 erworbenen Verdienste bei der 70. Promotion vom 22. Januar 1806 das Kommandeurskreuz des Maria-Theresien-Ordens verliehen. Nicht zuletzt war es übrigens Erzherzog Johanns Bemühungen zu verdanken, dass Kaiser Franz I. (seit 1804 diesen Titel führend) für die Errichtung der österreichischen Landwehr gewonnen werden konnte. Die Aufstellung wurde durch kaiserliches Patent am 9. Juni 1808 befohlen.

Der erneut gegen Frankreich ausbrechende Krieg 1809 gab Erzherzog Johann die Möglichkeit erneut sein Feldherrentalent zu testen. Er wurde zum Oberbefehlshaber der k.k. Armee von Innerösterreich ernannt. Diese bestand aus dem VIII. Armeekorps (Feldmarschall-Leutnant Albert Graf von Gyulay) und dem IX. Armeekorps (Feldmarschall-Leutnant Ignaz Graf Gyulay) mit insgesamt zwischen 46.000 – 48.000 Mann sowie mehreren Brigaden der erst neu errichteten Landwehr (rund 25.000 Mann). Erzherzog Johann stand in diesem Feldzug der französischen Italienarmee des Vizekönigs von Italien, Eugéne de Beauharnais, welcher über rund 70.000 Mann verfügte, gegenüber. Erzherzog Johann rückte ohne viel Zeit zu verlieren, zwischen dem 8. und 10. April 1809 über Pontebba und den Predil (Predel) in Venetien ein, mit dem Ziel das gegnerische Heer bis an die Etsch zurückzudrängen. Gleichzeitig war ein Teil des VIII. Armeekorps, in der Stärke von zwei Brigaden unter Feldmarschall-Leutnant Chasteler über das Pustertal nach Tirol vorgedrungen. Tatsächlich wurde Erzherzog Johanns ebenfalls junger Gegner Eugéne Beauharnais, welcher nicht mit einem derart frühen Beginn der österreichischen Offensive gerechnet hatte, vollkommen überrascht. Seine eigenen Vorbereitungen waren längst noch nicht abgeschlossen, und seine Truppen befanden sich noch zum Teil aus ganz Italien im Anmarsch! Bereits am 11. April 1809 stießen die Österreicher bei Venzone erfolgreich mit der französischen Division Broussier zusammen und nötigten diese zum Rückzug. Nach diesem ersten unvermuteten Auftauchen der österreichischen Streitkräfte bei Cividale mußte Eugéne rasch hinter den Tagliamento, nach Sacile zurückweichen. Seine Vorhut unter Divisionsgeneral Sahuc wurde am 15. April 1809 bei Pordenone von Erzherzog Johanns Avantgarde unter dem Kommando des Feldmarschall-Leutnants Frimont mit einem Verlust von 2.500 Mann, vier Geschützen, einem Adler (35. französisches Linien-Infanterie-Regiment) und zwei Bataillonsfahnen zurückgeworfen. Eugénes tags darauf (16. April 1809) mit 37.000 Mann und 54 Geschützen begonnener Angriff wurde in der Schlacht von Sacile (Fontana Fredda) vollständig abgewiesen, und mußte mit einem Verlust von 3.000 Gefallenen und Verwundeten, 3.500 Gefangenen (weitere 3.000 französische Soldaten gerieten in den folgenden Tagen in Gefangenschaft), 19 Geschützen und zwei Fahnen, das Schlachtfeld räumen. Eugéne Beauharnais mußte sich in der Folge seiner bei Sacile erlittenen Niederlage, bis Caldiero, östlich von Verona gelegen, zurückziehen. Erzherzog Johann war damit der erste Sieg der österreichischen Waffen im Krieg von 1809 gelungen! Zum Angriff des österreichischen Heeres auf die französisch-italienischen Verteidigungsstellungen bei Caldiero kam es allerdings nicht mehr. Mittlerweile war in Italien bekannt geworden, dass die österreichische Hauptarmee unter Erzherzog Karl bei Regensburg in eine schwierige Lage gebracht worden war. Am 29. April 1809 erhielt Erzherzog Johann infolge dessen den Befehl zum allgemeinen Rückzug. Nachdem am 29. April 1809 ein Vorstoß des dem Erzherzog nachfolgenden Beauharnais bei Soave erfolgreich abgewiesen wurde, begann am 1.Mai 1809 der Rückmarsch nach Innerösterreich. Alle Vorteile welche Erzherzog Johann in den letzten Wochen errungen hatte, wurden in einem Schlag aus der Hand gegeben! Die italienisch-französische Armee, zu welcher nun auch der in den ersten beiden Koalitionskriegen kriegserprobte und tüchtige Divisionsgeneral Macdonald gestoßen war, nahm nun ihrerseits die Verfolgung der hinter die Piave zurückweichenden Truppen Johanns auf. Auf die für die Österreicher überaus verlustreiche Schlacht an der Piave (7.-8. Mai 1809), in welcher Erzherzog Johann seinen talentierten Reitergeneral Feldmarschall-Leutnant Freiherr von Wolfskehl verlor, dazuhin 52 Offiziere und über 3.800 Mann mit 15 Geschützen verlor, folgten die weiteren Niederlagen bei San Daniele del Friuli (11. Mai 1809), Gemona und Venzone (12. Mai 1809). Danach wurde die Armee von Innerösterreich geteilt; Feldmarschall-Leutnant Ignaz Gyulay brach mit einem Teil des IX. Armeekorps nach Laibach (Ljubljana) und Agram (Zagreb) auf, um in seiner Eigenschaft als Banus seine eigenen Truppen durch Aufbietung der kroatischen „Insurrektion“ (Landesaufgebot) zu ergänzen, und auch die Verteidigung von Krain und Kroatien gegen das französische Korps von Dalmatien unter Divisionsgeneral Marmont zu übernehmen. Erzherzog Johann selbst ging mit dem anderen Teil des IX. Korps über Tarvis nach Villach zurück, gefolgt von der einer Division unter Feldmarschall-Leutnant Albert Gyulay. Ab diesem Zeitpunkt bildeten die Brigaden des Feldmarschall-Leutnant Chasteler in Tirol, welche durch eine weiter Brigade verstärkt wurden, das VIII. Armeekorps. Die Armee von Innerösterreich war nun zersplittert und dadurch nicht mehr in der Lage, erfolgreich in die Kriegsereignisse zu beeinflussen. Durch seine ihm am 14. Juni 1809 bei Raab (heute: Györ/Ungarn) durch den italienischen Vizekönig Eugéne Beauharnais beigebrachte empfindliche Niederlage, konnte sich Erzherzog Johann nicht mehr rechtzeitig mit der im Marchfeld stehenden Hauptarmee Erzherzog Karls vereinigen und auch nicht an der Schlacht von Wagram (5.-6. Juli 1809) teilnehmen. Nach der Schlacht von Wagram lastete die Öffentlichkeit ihm die Schuld für diese Niederlage an, und betrachtete ihn als Mitschuldigen am Ausgang des verlorenen Feldzuges von 1809. Trotz allem wurde Erzherzog Johann für seine Anfangserfolge in Italien während der 73. bis 86. Promotion der Jahre 1809-1810 daß Großkreuz des Maria-Theresienordens verliehen.

Nach Napoleons Niederlage in Russland 1812, war Erzherzog Johann einer der führenden Sprecher zum Kriegseintritt gegen Frankreich, nahm aber an den kriegerischen Geschehnissen der Feldzüge von 1813 und 1814 selbst nicht teil. Erst im Jahre 1815 rückte er kurzfristig ins Feld um die Belagerung von Hüningen am Hochrhein zu leiten.

Die folgenden Jahre zog sich Erzherzog Johann auf seine Besitzungen in der Steiermark zurück, nachdem ein tiefer Gegensatz zwischen der von ihm verfolgten und der offiziellen Wiener Politik entstanden war, und er von jeder politischen wie auch militärischen Tätigkeit ausgeschlossen blieb. Aufgrund dessen durfte Erzherzog Johann bezeichnenderweise erst wieder im Jahr 1833 den Boden Tirols betreten! Erzherzog Johanns Beitrag zur kulturellen wie auch wirtschaftlichen Erschließung der Steiermark, aber sicherlich auch seine morganatische Heirat mit der Tochter eines Postmeisters namens Anna Plochl (Anmerkung: Anna Plochl wurde hierbei zur Freifrau von Brandhof und Gräfin von Meran ernannt) sicherten ihm die höchste Popularität im einfachen Volk. Wien wurde von ihm in diesen Jahren sehr selten besucht. Am 17. September 1839 wurde Erzherzog Johann zum Feldmarschall ernannt. Als Direktor des österreichischen Festungswesens war der Ausbau des Festungsvierecks Mantua-Legnago-Verona-Peschiera seine Leistung. Im Juni 1848 ernannte ihn Kaiser Ferdinand zu seinem Stellvertreter. Ende Juni 1848 wurde er zum Deutschen Reichsverweser gewählt. Dieses Amt stellte ihn vor eine schwere Aufgabe. Bereits im Dezember 1849 legte er das Amt nieder, und lebte anschließend bis zu seinem Tod, am 11. Mai 1859 auf seinem Gut Brandhof in der Steiermark. Gewiss darf dem persönlich stets tapferen Erzherzog Johann ein kleines Stückchen Talent als Heerführer nicht abgesprochen werden.