Feldzeugmeister Heinrich XV. Fürst zu Reuß-Plauen

Fürst zu Reuß-PlauenHeinrich zukünftiger Fürst von Reuß-Plauen wurde am 22. Februar 1751 in Schloß Greitz, der väterlichen Residenz eines kleinen Fürstentums in Thüringen geboren. Dieser ausgezeichnete und persönlich stets tapfere Fürst blieb dem österreichischen Kaiserhaus unter allen Verhältnissen mit seltener Treue stets ergeben und machte sich um dasselbe hochverdient. Im Alter von 15 Jahren trat der junge zukünftige Fürst im März 1766 in das kaiserlich-österreichische Infanterie-Regiment Nr. 35 „Macquire“ ein. Nach dem Tod von Kaiserin Maria Theresia 1780 und dem Regierungsantritt von Kaiser Joseph II. (1741-1790), wuchs in diesem ein Gönner des jungen Reuß heran. Der Kaiser schätzte dessen vortreffliche Eigenschaften und ernannte Reuß, als er bei Ausbruch des Krieges gegen das Osmanische Reich, persönlich den Oberbefehl des Heeres übernommen hatte, zu seinem Generaladjutanten. Fürst Reuß rechtfertigte sehr bald darauf das schmeichelhafte Vertrauen: Beim Sturmangriff auf die Festung Schabatz an der Save (heute: Sabac/Serbien) 1788 tat sich der junge Fürst unter den Augen des Kaisers hervor und wurde als Belohnung zum Oberst und Kommandeur des Infanterie-Regiments Nr. 56 „Wenzel Colloredo“ ernannt. Die ein Jahr später stattfindende erfolgreiche Belagerung von Belgrad im Herbst 1789 gab ihm neue Gelegenheit sich bemerkbar zu machen.

Desgleichen geschah nach Ausbruch des Ersten Koalitonskrieges im April 1792. Mit seinem Infanterie-Regiment im Feldzug von 1793 in den österreichischen Niederlanden (Belgien) eingesetzt, zeichnete sich Reuß in einem Gefecht am 21. April 1793 erneut aus, als er über Longueville bis unter die Geschütze der Festung von Maubeuge vorstieß, und am 30. April den mit nur vier Kompanien und einer schwachen Abteilung des Chevauxlégers-Regiment Nr. 18 „Karaiczay“ besetzten Posten Oudin gegen die ungestümen Angriffe der französischen Infanterie mit ausdauernder Tapferkeit erfolgreich behauptete. Für seine Verdienste auf dem Schlachtfeld wurde Reuß zum Generalmajor befördert. Auch dem österreichischen Armeekommandeur, Feldmarschall Prinz von Sachsen-Coburg-Saalfeld entgingen die Vorzüge diesen jungen Fürsten nicht. Er berief Reuß in seine unmittelbare Umgebung und ernannte ihn zu seinem Generaladjutanten. Den Ruhm des in der Kriegsgeschichte denkwürdigen Reitergefechts von Avesnes-le-Sec (im französischen Department du Nord) am 12. September 1793 wo 2.000 österreichische Kavalleristen eine französische Kolonne unter Brigadegeneral Claye mit 7.000 Mann in die Flucht schlugen, dem Gegner einen Verlust von 2.000 Gefallenen und Verwundeten, 2.000 Gefangenen zufügten und außerdem alle 20 gegnerischen Geschütze und 5 Fahnen erbeuteten, und dies alles bei 69 (!) eigenen Kampfverlusten, teilte Fürst Reuß mit den beiden kaiserlichen Kommandeuren, Generalmajor Heinrich Graf von Bellegarde und Obersten Johann Fürst von Liechtenstein.

Im Feldzug von 1796 Ende Mai unter Feldmarschall Graf von Wurmser mit seiner Einheit vom Oberrhein nach Norditalien abkommandiert, befehligte Generalmajor Reuß eine Brigade ( 4 Bataillone und 4 Eskadronen mit 3 Geschützen) in der Ersten Hauptkolonne unter Feldmarschall-Leutnant Quosdanovich. Reuß focht unter anderem unter Quosdanovichs Kommando in der Schlacht bei Lonato (2.-3. August 1796)., und wurde im Februar 1797 zum Feldmarschall-Leutnant befördert.

Zu Beginn des Zweiten Koalitionskrieges im Frühjahr 1799 Divisionskommandeur bei der kaiserlichen Armee in Schwaben unter Erzherzog Karl, focht Fürst Reuß in der Schlacht bei Stockach (25. März 1799) und im Gefecht bei Winterthur (27. Mai 1799). Da Erzherzog Karl großes Vertrauen in die Person des Fürsten Reuß hegte, zeigt dessen Disposition für die Erste Schlacht von Zürich am 4. Juni 1799. Reuß erhielt das Kommando über das Zentrum (10 Bataillone und 20 Eskadronen, zusammen 8.200 Mann) und hielt sich in seiner Stellung auf der Höhe von Seebach gegen Divisionsgeneral Oudinots mehrfache Angriffe mit ausdauernder Entschlossenheit. Im Feldzug von 1800 war dem Fürsten der Oberbefehl über den Linken Flügel (29 Bataillone, 14 Eskadronen sowie 20 Vorarlberger Landwehrkompanien, zusammen 26.200 Mann) der kaiserlichen Hauptarmee in Süddeutschlang übertragen worden, mit dem Auftrag Tirol zu verteidigen. Diese doch sehr schwierige Aufgabe, durch die Nachteile welche die kaiserliche Hauptarmee unter Feldzeugmeister Kray in Süddeutschland (Niederlagen bei Engen-Stockach am 3. Mai, bei Messkirch am 5. Mai und bei Biberach am 9. Mai) sowie auch in Norditalien unter General der Kavallerie Melas (Niederlage bei Marengo am 14. Juni) erlitten hatten, noch viel schwieriger gemacht, löste Fürst Reuß doch mit viel Umsicht, der die Provinz bis zum eingetretenen Waffenstillstand von Steyr am 25. Dezember 1800 zu behaupten vermochte! Die dankbaren Stände Tirols zeichneten den Fürsten daraufhin mit der goldenen Medaille aus.

Im Dritten Koalitionskrieg von 1805 finden wir Feldmarschall-Leutnant Fürst Reuß als Divisionär bei der k.k. Italien-Armee unter Erzherzog Karl eingeteilt. Auch auf diesem Schauplatz leistete er wiederum Grosses! In der Schlacht um Caldiero (29.-31. Oktober 1805) übertrug ihm Erzherzog Karl das Kommando über den linken Flügel (8 Bataillone und 8 Eskadronen mit zusammen 5.650 Mann). Stets im Brennpunkt der Gefechte gegen die anstürmenden französischen Truppen Marschall Massénas, zeichnete sich Reuß am 30. Oktober durch umsichtige Führung beim Angriff auf Gombioni auf die französische Division Duhesme, und am 31. Oktober durch einen Gegenangriff auf die französischen Truppen aus, welcher die stark bedrängten Verteidiger der strategisch äußert wichtigen Schanze von Chiavicca del Christo unter Befehl von Generalmajor Nordmann entlastete.

Bei Ausbruch des Krieges von 1809 kommandierte Fürst Reuß eine Division im V. Armeekorps (Feldmarschall-Leutnant Erzherzog Ludwig) der Hauptarmee unter Erzherzog Karl in Bayern und erhielt bald darauf wiederum Gelegenheit seine reichen Erfahrungen in Anwendung zu bringen! Mit dem V. Armeekorps der Armeegruppe von Feldmarschall-Leutnant Hiller zugeteilt, bestand der Fürst schon am 20. April 1809 ein glänzendes Gefecht bei Kirchdorf. Nur vier Tage später im Gefecht bei Neumarkt-St. Vieth am 24. April 1809 war Reuß Kommandeur der Ersten Angriffskolonne, und trug durch Generalmajor Bianchi erfolgreich unterstützt, allein die Lorbeeren des Sieges über die bayerischen Truppen unter Generalleutnant von Wrede, ehe die anderen Kolonnen des V. und VI. Armeekorps der Armeegruppe Feldmarschall-Leutnant Freiherr von Hillers überhaupt wirksam am Gefecht teilnehmen konnten! Der Tag von Neumarkt-St. Vieth welcher für Fürst Reuß wie auch Generalmajor Bianchi sehr ehrenvoll war, kostete die ungestümen Bayern 42 Offiziere und 1.650 Mann an Gefallenen und Verwundeten sowie 887 Gefangene. Daraufhin unternahm er unter den ungünstigsten Verhältnissen mit größter Umsicht und geringen Verlusten den Rückzug von Ebelsberg über die Enns und vereinigte sich erst nach der Schlacht bei Aspern-Essling (21.-22. Mai 1809) mit der österreichischen Hauptarmee unter Erzherzog Karl im Marchfeld. An der Schlacht von Wagram (5.-6. Juli 1809) nahm er mit dem ihm nun inzwischen zum Feldzeugmeister beförderten Kommandeur zugewiesenen V. Armeekorps (15 Bataillone, 8 Eskadronen und 32 Geschütze mit zusammen rund 7.600 Mann) keinen Anteil, da er laut Erzherzog Karls Dispositionen die Bestimmung erhielt, den Bisamberg, die schwarze Lacke und die obere Donau bis Krems mit Beobachtungsposten zu besetzen. Desto größer waren die Verdienste des Fürsten während der Rückzugsgefechte der Hauptarmee und in der Schlacht bei Znaim (10.-11. Juli 1809). Feldzeugmeister Fürst Reuß bildete mit seinem V. Armeekorps die Nachhut, und wurde von Erzherzog Karl angewiesen sich bei Hollabrunn und Schöngrabern aufs Äußerste zu halten. Schon gegen 9 Uhr morgens des 10. Juli 1809 begann das hitzige Gefecht bei Schöngraben und Znaim (heute: Znojmo/Slowakei), als Reuß von den nachstoßenden französischen und bayerischen Truppen der Marschälle Marmont und Masséna angegriffen wurde. Am folgenden Tag dem 11. Juli hielt der Fürst Znaim, die Thaya-Brücke welche verrammelt war sowie die Höhen hinter Klosterbruck und von Klein-Tesswitz besetzt und verteidigte sich sehr tapfer bis zu jenem Augenblick, als am Abend durch einen Waffenstillstand die Feindseligkeiten endlich eingestellt wurden. In seinen Unternehmungen stets kaltblütig, tapfer und entschlossen, hatte Fürst Reuß in allen Feldzügen unter den Augen seines berühmten und großzügigen Gönners, des Erzherzogs Karl, so viele Beweise ungewöhnlicher Tapferkeit und Vorzüge an den Tag gelegt, dass der Erzherzog die langersehnte Gelegenheit mit Vergnügen benutzte, um dem Fürsten Reuß im Juli 1809 im Namen von Kaiser Franz I., mit dem wohlverdienten Ritterkreuz des Maria-Theresien-Ordens (73. bis 86. Promotion) auszuzeichnen.

Die nun nach dem Frieden von Schönbrunn (14. Oktober 1809) eingetretene Friedensperiode erlebte Fürst Reuß in seiner Residenz in Greitz, wo er von den vielen miterlebten heißen und hitzigen Gefechten und Schlachten Erholung suchte. Als aber im Jahr 1813 Österreich der Koalition gegen Napoleon beitrat, verließ Fürst Reuß seine Residenz in Greitz wieder, um seine Dienste nochmals dem Haus Habsburg zu widmen. Er erhielt folglich im August 1813 das Kommando des gegen Bayern aufgestellten Beobachtungskorps, (zwei Infanterie- und eine Kavallerie-Division mit insgesamt 30.000 Mann), und schloss am 8. Oktober 1813 mit dem bayerischen Oberbefehlshaber General der Kavallerie Fürst von Wrede in Ried jenen bekannten Vertrag ab, durch welchen das Königreich Bayern dem Rheinbund Napoleons entsagte und sich verpflichtete seine Armee mit jenen der verbündeten Mächte Europas zu vereinigen. Die Verdienste welche sich Fürst Reuß in diesem Vertrag erworben hatte, waren von nachhaltigen Folgen und fanden in der Verleihung des Großkreuzes des Leopold-Ordens den Ausdruck besonderer Zufriedenheit von Kaiser Franz I..

Danach berief ihn der Kaiser als Generalgouverneur nach Venedig, welches am 20. April 1814 durch Kapitulation an Österreich fiel. Nachdem Fürst Reuß in Venedig die entsprechenden Vorkehrungen getroffen hatte, wurde er mit dem Orden der Eisernen Krone I. Klasse sowie dem Goldenen Zivil-Ehrenkreuz ausgezeichnet. Er lebte danach einige Jahre in Greitz, bis ihm nach dem Tod von Feldzeugmeister Freiherr von Hiller das Generalkommando in Galizien übertragen wurde. Hier auf diesem Posten wirkte der Fürst zur Zeit der Erhebung der Donaufürstentümer mit der ihm angeborenen und uns bekannten Energie und Umsicht zum Besten des österreichischen Kaiserstaates, und zog sich im Oktober 1824 ganz in das Privatleben zurück. Kaiser Franz I. belohnte die 58jährige aufopfernde Dienste des Fürsten mit der Würde eines Feldmarschalls. Fürst Heinrich verstarb in seinem 74. Lebensjahr am 30. August 1825 zu Greitz im Vogtland nach einem für das Haus Österreich sehr tatenvoll gewidmeten Leben.