Feldzeugmeister Graf von Wartensleben

WartenslebenWilhelm Ludwig Gustav Graf von Wartensleben wurde am 11. Oktober 1734 in Erten im damaligen Hessen-Kassel geboren. Er war der jüngere Sohn des königlich schwedischen und fürstlich hessischen Rates und Oberforstmeisters der Grafschaft Schaumburg, Karl Philipp Christian Graf von Wartensleben aus dessen zweiter Ehe mit Luise Albertine, geborene Freiin von Quadt und Wykradt. Anfänglich diente der junge Wartensleben in der niederländischen Armee, aus welcher er, erst 24 Jahre alt, 1758 als Major in die kaiserlich-österreichische Armee übernommen, und im Szluiner Grenz-Regiment eingeteilt wurde.

Wartensleben focht nun in den Feldzügen des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) und sah sich im Gefecht bei Meissen (4. Dezember 1759), wo die Preußen unter General Dierecke von den Österreichern aufgerieben wurden, zum ersten Mal rühmlichst erwähnt. Auch hatte er daselbst im Gefecht eine Verwundung erlitten. Im Feldzug des Jahres 1760 zeichnete sich Graf von Wartensleben besonders im Gefecht bei Strehla (20. August 1760) aus. Für seine Verdienste und seine Tapferkeit vor dem Feind wurde Wartensleben 1762 zum Oberstleutnant befördert. Im Feldzug dieses Jahres hatte Wartensleben beim Angriff auf die preußischen Stellungen bei Chemnitz (21. Mai 1762), die feindliche Infanterie, welche den Verteidigern zu Hilfe eilen wollte, teils zersprengt und teils gefangengenommen. Nur wenige Tage später wurde er im Gefecht bei Gepulzig, wo er die Kroaten und die Grenadierkompanien befehligte, schwer verwundet.

Im Jahr 1773 rückte Graf von Wartensleben zum Oberst und zum Kommandeur des Ottocaner Grenz-Regiments vor, und bei Ausbruch des Bayerischen Erbfolgekrieges (1778/79) war er bereits, im Alter von 44 Jahren, zum Generalmajor befördert worden. Infolge seines ausgezeichneten Verhaltens in diesem Krieg, verlieh ihm der Kaiser 1779 die Inhaberstelle des Infanterie-Regiments Nr. 28, ehemals „Wied-Runkel“. Im Krieg gegen das Osmanische Reich (1787-1792) war Graf von Wartensleben zum Feldmarschall-Leutnant aufgestiegen. Sein Name erschien während dieses Krieges öfters auf das rühmlichste genannt; So im Gefecht auf dem Berg Laßmare im Czernatal am 17. August 1788, wo die Osmanen über fünfhundert Soldaten verloren. Wenig später in den heftigen Kämpfen beim Rückzug  über Kornia und Terregova nach Fehnisch am 29. August 1788, ferner am 21. September 1788 als die kaiserlich-österreichische Hauptarmee auf ihrem Rückzug nach Karansebes den heftigsten Angriffen der Osmanen ausgesetzt war, außerdem im Frühjahr 1790 als Wartensleben seine Stellung so trefflichst nahm, daß die osmanische Festung Neu-Orsowa im April 1790 zur Kapitulation gezwungen werden konnte. Kaiser Joseph II. verlieh dem Grafen in Anerkennung seiner ruhmvollen Taten bei der 21. Promotion am 22. April 1790 das Kommandeurskreuz des Maria-Theresien-Ordens.

Nach Ausbruch des Ersten Koalitionskrieges im April 1792 wurde Graf von Wartensleben zuerst als Divisionskommandeur angestellt und schließlich am 11. Oktober 1794 zum Feldzeugmeister befördert. Im Feldzug von 1795 am Niederrhein in der kaiserlich-österreichischen Hauptarmee (die sogenannte k.k. Niederrhein-Armee) unter Feldmarschall Graf von Clerfayt gegen die französische Sambre-Maas-Armee unter Jourdan fechtend. Nach Graf von Clerfayts Ablösung kommandierte Graf von Wartensleben als rangältester Feldzeugmeister interimistisch die k.k. Niederrhein-Armee bis zum Eintreffen des neuen Oberbefehlshabers Erzherzog Karl am 11. April 1796. Vor seiner Abreise an die bedrohte Front am Oberrhein übertrug der Erzherzog Ende Juni 1796 dem Graf das Kommando der k.k. Niederrhein-Armee (38 Bataillone und 76 Eskadronen mit zusammen rund 36.000 Mann). Wartensleben lieferte gegen die über den Rhein vorgestoßene französische Sambre-Maas-Armee unter Jourdan einen glücklosen Feldzug (Niederlagen an der Lahn und im Gefecht bei Friedberg nördlich von Frankfurt am Main am 10. Juli 1796), und zog sich langsam hinter den Main zurück. Man erklärte diese Missgeschicke mit dem Umstand, daß der damals schwer an der Gicht leidende Graf von Wartensleben die Leitung der Operationen anderen Generälen überlassen mußte. Von Jourdan nach Franken abgedrängt, gab Wartensleben Würzburg auf, zog sich auf Amberg zurück, und lieferte dort am 17. Juli 1796 das unglückliche Gefecht von Sulzbach-Rosenberg. Danach räumte er seine Stellung bei Amberg und entlang der Vils und wich hinter die Naab zurück. Erst wieder gemeinsam mit dem Erzherzog Karl vorgehend, welcher starke Verbände über die Donau nach Norden geführt hatte, bewährte der mittlerweile wiedergenesene Graf von Wartensleben seine alte Energie und eröffnete sofort wieder die Offensive. So war Graf von Wartensleben im Gefecht von Amberg am 24. August 1796 siegreich, welches den Rückzug der französischen Sambre-Maas-Armee nach Westen zur Folge hatte. Nach der durch den Sieg bei Amberg gelungenen Vereinigung Wartenslebens mit dem österreichischen Heeresteil unter Erzherzog Karl, erhielt der Graf von Erzherzog Karl, welcher seinem Feldzeugmeister Gerechtigkeit wiederfahren lassen wollte, das Kommando über das neu formierte Reservekorps (12 Bataillone und 26 Eskadronen) übertragen. Mit dem Reservekorps nahm Wartensleben schließlich auch an Erzherzog Karls großem Sieg über Jourdan in der Schlacht von Würzburg (2. September 1796) teil. Daraufhin wieder mit dem Erzherzog nach Süden geeilt, kommandierte Graf von Wartensleben in der Schlacht bei Emmendingen (19. Oktober 1796) gegen die französische Rhein-Mosel-Armee Moreaus die Zweite Angriffskolonne (12 ½ Bataillone und 23 Eskadronen stark). An der Spitze seiner Kolonne wurde Graf von Wartensleben in dieser Schlacht verwundet, als eine französische Kartätschenkugel seinen linken Arm zerschmetterte.

Durch seine schwere Verwundung an weiteren aktiven Feldkommandos verhindert, wurde Wartensleben 1797 zum kommandierenden General in Siebenbürgen ernannt. Wartensleben starb jedoch ohne seinen Posten antreten zu können, bereits am 21. April 1798 in Wien an den Folgen seiner schweren Wunde.

Wartensleben war zwar persönlich immer stets tapfer und schonte seine Person nicht, aber wie damalige Zeitzeugen schilderten ein „schlechter General, ohne Ideen und ohne irgend welche Dispositionen“. Erzherzog Karl rühmt den Grafen Wartensleben in seinen „Grundsätzen der Strategie“ als einen der tapfersten Offiziere der kaiserlichen Armee, sprach ihm jedoch höheres Feldherrntalent ab. Bei der k.k. Niederrhein-Armee war Wartensleben im Sommer 1796 sehr verhasst. Erzherzog Karl hatte später oft über den Grafen klagen müssen, dass dieser sehr  halsstarrig gewesen sei und keinen guten Rat annehmen wolle. Immerhin hatte sich Graf von Wartensleben in der österreichischen Armee zu einer Zeit hochgedient, als ökonomische Rücksichten allen übrigen vorgezogen wurden und wo man bloß nach solchen das Resultat der Kriege berechnete, weil es sich gewöhnlich auf den Gewinn oder Verlust eines Striches Landes beschränkte. Wartensleben setzte daher den größten Wert auf die Deckung einer Grenze, die Rettung oder Versicherung eines Magazins und alle seine Sorgen beschäftigten sich mit diesem einzigen Umstand, man erkannte den ehemals tapferen Offizier, Obersten und General aus dem Siebenjährigen Bayerischen Erbfolgekrieg. Dies sei vielleicht zur Entschuldigung dieses Generals, betreffend seinem Rückzug im Juli/August 1796 nach Böhmen vor der französischen Sambre-Maas-Armee unter Jourdan noch zu erwähnen.

Übrigens sei hier noch erwähnt, daß aus der am 18. August 1773 geschlossenen Ehe des Grafen mit Clara Gräfin von Teleki drei Söhne entsprangen. Einer dieser drei Söhne, war der spätere Feldmarschall-Leutnant Ferdinand Graf von Wartensleben (Gyömro/Ungarn 1777– 7. März 1821 in Rozdall/Galizien). Der junge Ferdinand trat 1793 als Leutnant in das Infanterie-Regiment Nr. 28 ein, dessen Inhaber sein Vater war. Aus demselben kam er bald als Oberleutnant zu den Vécsey-, dann zu den Mészaros-Husaren. Im Jahr 1797 war er bereits Rittmeister, wurde 1800 Major im berühmten Husaren-Regiment Nr. 6 „Blankenstein“ und erfocht sich in der Schlacht bei Engen am 3. Mai 1800 das Ritterkreuz des Maria-Theresien-Ordens (66. Promotion vom 18. August 1801). Im Jahr 1805 bereits Oberstleutnant und bei Ausbruch des Dritten Koalitionskrieges Oberst und Regimentskommandeur der Blankenstein-Husaren. Im Jahr 1809 rückte Wartensleben zum Generalmajor auf, im April 1815 zum Feldmarschall-Leutnant. Als solcher verstarb er, erst 44 Jahre alt, 1821 in Galizien. Innerhalb seine 28jährigen Dienstzeit machte Ferdinand Graf von Wartensleben alle Kämpfe von 1793 bis 1809 mit und bewies bei allen Gelegenheiten, wo er in der Attacke eingriff, Tapferkeit, Umsicht und Überblick in seltenstem Grade. Übrigens hatte sich der junge Graf Ferdinand schon 1793 beim Sturm auf die Festung Bitche im Elsaß, damals als Oberleutnant im Infanterie-Regiment Nr. 28, umgeben von preußischen Freiwilligen, so hervorgehoben, daß ihn der König Friedrich Wilhelm II. von Preußen mit dem Orden pour le mérite auszeichnete!