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Quellen
Tagebuch von 1813
November

1. Torgau. Am 30. Oktober nahm der preußische Major von Köckritz vor Torgau, auf dem linken Elbufer, 39 Mann gefangen und erbeutete 38 Pferde. Heute wurde die Festung auch auf dieser Seite eingeschlossen.
Frankfurt am Main. Gestern Vormittag um 11 Uhr kam die leichte Cavallerie der franz. Armee hier an, welche sich schleunigst an die Zugänge der Brücke begab. Es begann nun eine Kanonade, welche bis tief in die Nacht dauerte, und heute Morgen wieder anfing. Eine von den hier gelegenen Mühlen wurde eingeäschert und die andere beschädigt; dann brachen die französischen Truppen wieder auf, und Nachmittag um 2 Uhr ging auch Napoleon ab. Die franz. Arrieregarde kam heute gegen Abend an und ging um die Stadt herum. Napoleon überschickte von hier aus seiner Gemahlin 20 Fahnen, welche er erobert haben will (von deren Verlust man in den verbündeten Heeren jedoch nichts weiß), und schrieb ihr dabei: “Ich überschicke Ihnen 20 von meinen Armeen in den Schlachten von Wachau, Leipzig und Hanau eroberte Fahnen, eine Huldigung, die ich Ihnen mit Vergnügen bringe. Ich wünsche, daß Sie darin einen Beweis meiner großen Zufriedenheit über Ihr Betragen während der Regentschaft finden mögen, die ich Ihnen anvertraut habe.” - Französische Offiziere in Paris, welche alle Schlachten mitgemacht haben, behaupten, daß diese Fahnen aus irgend einer Kirche oder aus Mainz genommen seyn müssen.
Bergen. Der russische Graf Orloff-Denissow nahm hier den Franzosen 1 Kanone und 15 Pulverwagen ab. Zwei Bataillone, 1300 Mann stark, streckten das Gewehr.
Weimar. Der Herzog von Weimar hat den Verhältnissen des rheinischen Bundes entsagt, und sich an die Sache Deutschlands angeschlossen.
Dessau. Vom 24. Januar bis heute hat das Fürstenthum Dessau, ungefähr 14 Quadratmeilen groß und 45,000 Menschen enthaltend, an Kriegslasten getragen 1,807,064 Rthlr. 21 Gr. Dabei ist noch nicht gerechnet, was die Einquartierten den Unterthanen gekostet haben, und der zu Dessau gehörige Antheil vom Fürstenthum Zerbst, ist auch noch nicht hineingerechnet.

2. Berlin. Vorgestern und gestern sind an Gefangenen eingebracht, der franz. General Lauriston, 110 Offiziere und 3500 Mann.
Mainz. Heute Morgen um 5 Uhr kam Napoleon hier an, und gestern und heute bewirkte derselbe mit dem Rest seiner Armee den Uebergang auf das linke Ufer des Rheins. Nach franz. Berichten schätzt man die zurückgekommenen Truppen auf beinahe 100,000 Mann. Diese sollen von Morgens 11 bis Abends 8 Uhr, also in 9 Stunden, über die Brücke bei Mainz gegangen seyn. Man mache die gegründete Bemerkung, daß die Furcht Flügel gehabt, oder der Truppen viel weniger gewesen seyn müssen. - Der Präfect des hiesigen Departements, Baron de St. André, macht bekannt, das Se. Majestät beschlossen hätten, Ihre Armee in den Städten und Dörfern des Departements kantonnieren zu lassen, und daß Jeder sich bereit halten müsse, die in seiner Gemeinde zu stehen kommende Truppen in zwei oder drei Tagen aufzunehmen. Der Aufwand soll ihnen pünktlich erstattet werden. Auch sagt der Präfect, daß die Zeit nicht mehr fern sey, wo sie den Lohn für alle Aufopferungen genießen würden.
Frankfurt am Main. Morgens gegen 6 Uhr zogen die Kosaken und östreichische und bayerische Infanterie durch die Stadt, und begaben sich auf die Straße nach Mainz. Den ganzen Tag über kamen Infanterie- und Cavalleriecorps an.
Danzig. Durch ein sehr gut dirigirtes Feuer von den am 10. Oktober genommenen Höhen, wurde in der vergangenen Nacht der größte Theil der Magazine in der Stadt, ein Raub der Flammen.
Fulda. Ankunft des Kaisers von Oestreich. Ihm folgte von Schmalkalden her der würtembergische Minister Graf von Zeppelin.
Cimadolmo. Die Franzosen ziehen sich immer mehr von der Piave zurück, und die Oestreicher passirten heute diesen Fluß unter ungemein vielen Schwierigkeiten.
Treviso. Die Avantgarde der östreichischen Truppen rückt hier ein.

3. Berlin. Eingebracht an Gefangenen 94 Offiziere und 1850 Mann.
St. Nicola. Dies starke Fort wurde von den östreichischen Truppen genommen.
Hildesheim. Nach Uebereinkunft des Königs von Preußen mit dem Prinzen-Regenten von England, ist das Fürstenthum Hildesheim von dem General von Wallmoden für England in Besitz genommen worden, um mit den hannöverischen Staaten vereinigt zu werden. Die Stadt Hildesheim wurde heute besetzt. Unter dem 8ten erschien wegen dieser Besitzergreifung eine Proklamation im Namen des Prinzen-Regenten.
Preußisch-Minden. Heute Morgen marschirten die Franzosen von hier ab, und sprengten noch vorher zwei Bogen der schönen Brücke. Abends rückten Preußen und Kosaken unter dem größten Jubel des Volkes ein. Noch spät am Abend gingen die Gemeinden mit ihren Predigern in die Kirchen, um Gott für ihre Befreiung zu danken.

4. Berlin. An Gefangenen wurden eingebracht, 10 Offiziere und 168 Mann, nebst 14 Ueberläufern.
Bremen. Das Hauptquartier des Generals von Tettenborn ist seit heute wieder hier. Er hatte bisher in Verden die Bewegungen der Franzosen beobachtet und dieselben durch abgeschickte Partheien beunruhiget. Alle französischen Behörden sind hier auf Tettenborns Befehl abgeschafft, und Bremen tritt nun wieder in die Rechte einer freien Hansestadt zurück. Zur hanseatischen Legion wird von hier eine beträchtliche Verstärkung stoßen. Die angelegten Festungswerke werden wieder abgetragen.
Breslau. Heute Morgen reiste der König von Preußen wieder von hier ab.
Wickertsberg, zwei Stunden von Mainz. Die verbündeten Truppen haben den Uebergang über die Nidda forcirt, und sind bis hieher vorgerückt.
Hannover. Der Herzog von Cumberland kam hier an und hielt einen feierlichen Einzug. Zugleich erschien eine Proklamation von den Königl. Großbritannischen Geheimenräthen Decken und Bremer, worin die früher angesetzte provisorische Regierungs-Commission bestätigt wird. Ferner wird auf die Mittel aufmerksam gemacht, wodurch allein ein dauerhafter Friede erzielt werden kann. Um diesen zu erwerben, heißt es, ist es noch nicht Zeit, die Waffen aus den Händen zu legen. Der Feind ist geschlagen, tief gedemüthigt, wie nie zuvor, aber er kann, er wird sich von neuem erheben, wenn die Deutschen voreilig ruhen zu dürfen wähnen.

5. Berlin. Der König von Preußen traf von seiner Reise nach Breslau wieder hier ein.
Fulda. Auf der Rückzugsstraße der französischen Armee liegen alle 2 bis 500 Schritte Todte, zuweilen mehrere auf einer Stelle, und Pferdekadaver giebt es alle 50 Schritte. Alle Dörfer und kleine Städte sind ausgeplündert und menschenleer, viele abgebrannt. General Tschernitscheff hat überall die Nacht vor Napoleon in seiner Wohnung übernachtet, und bei jedem Defilee oder sonst günstigen Terrain, die franz. Avantgarde empfangen. Nach den einstimmigen Aussagen derjenigen, welche den Feldzug in Rußland mitgemacht haben, bietet die Straße, auf welcher sich die Franzosen zurückziehen, bereits das Bild der Straße von Moskau nach der Berezina dar. Wie damals, so auch jetzt, ist die franz. Armee von leichter Cavallerie umschwärmt, welche ihr jede Abweichung von einer schmalen Linie unmöglich macht, und jeden einzeln Ziehenden aufhebt.
Torgau. Am 2ten, 3ten und heute macht die franz. Besatzung einen Ausfall. Am 2ten verlor sie einen großen Theil Wagen mit Pallisaden, 60 Trainpferde, 1 Offizier und 100 Gemeine. Am 3ten wurden derselben 2 Kanonen demontirt und sie zurückgetrieben. Heute wollte sie das Dorf Loßwig behaupten, wurde aber ebenfalls mit großem Verlust zurückgeworfen. Die Belagerer, bei dieser Affaire Sachsen, hatten an Todten und Blessirten 5 Offiziere und 60 Gemeine.
Münster wurde von russischen Truppen besetzt.
Frankfurt am Main. Ankunft des Kaisers von Rußland, und Hauptquartier des Fürsten von Schwarzenberg. Ohngeachtet die Natur selbst dem franz. Reiche den Rhein zur Gränze angewiesen zu haben scheint, so rückt die russische Armee dennoch gegen dieselbe vor, weil der Kaiser Napoleon die Russen in Moskau aufsuchte; die preußische Armee steht am Rhein, weil den feierlichsten Traktaten zuwider, Napoleon die Oberfestungen noch immer besetzt hält; die östreichische Armee dringt an den Rhein vor, weil sie Schmach zu rächen, und weil man nach dem Presburger Frieden, ihrem Oberherrn die deutsche Kaiserwürde entzogen hat; die Schweden endlich stehen am Rhein, weil in der Ruhe des Friedens, und den bestimmtesten Verträgen zuwider, Napoleon sie bundbrüchiger Weise in Stralsund überfiel und in Stockholm ihnen Hohn sprach.
Erfurt. Heute Morgen machten die Belagerten einen Ausfall, wurden aber mit bedeutendem Verlust zurückgetrieben. Das Dorf Ilversgehofen gerieth dabei in Brand.
Detmold. Die Fürstin von Lippe-Detmold hat dem Rheinbunde entsagt, und die Sache Deutschlands ergriffen.
Darmstadt. Der Großherzog von Hessen machte heute bekannt, daß er sich den verbündeten deutschen und russischen Truppen angeschlossen habe. Die Convention wurde am 2ten zu Dörnigheim, zwischen dem Feldmarschall-Lieutenant Grafen von Fresnel und dem Hofmarschall von Thiel abgeschlossen.
Mannheim. Die erste Division der östreich-bayerschen Armee, unter Anführung des Prinzen Carl von Bayern, rückte unter dem Jubel des Volks hier ein.
Berlin. Der preußische Divisions-General-Chirurgus Gräfe macht einen monatlichen Lazareth-Bericht bekannt, worinnen folgende merkwürdige Worte vorkommen: “Das Genesungs-Verhältnis würde noch günstiger seyn, wenn die Kranken feindlicher Truppen unseren Lazarethen nicht zugeführt würden. Unter diesen sind die französischen am meisten zu bemitleiden, die den Keim der Verwesung vielleicht noch aus Rußland mit sich führen, vielleicht ihn durch übermäßige Märsche, schlechte Nahrung und elenden Aufenthalt früherhin erwarben, vielleicht durch deprimirende Gemüthsaffecten denselben noch bedeutend in sich entwickeln. Sie fallen auf den Transporten tod im Gehen um, sie verlöschen oft ohne sichtbare wichtige Krankheits-Erscheinungen, gleich dem Greife, dem ein Jahrhundert die Lebenskraft verzehrte.”

6. Frankfurt am Main. Heute Vormittag um 11 Uhr traf der Kaiser von Oestreich hier ein, und verfügte sich mit dem Kaiser von Rußland sogleich in den Dom, woselbst unter dem Donner der Kanonen ein feierliches Tedeum für die glorreichen Tage bei Leipzig und Hanau abgehalten wurde. Der alte Frankfurter Magistrat machte, als solcher, dem Kaiser von Oestreich seine Aufwartung. Alle Wappen des Großherzogs von Frankfurt wurden abgenommen. Der Prinz Philipp von Hessen-Homburg ist zum General-Gouverneur des Herzogthums Frankfurt und des Fürstenthums Isenburg ernannt worden. Abends war die Stadt freiwillig erleuchtet, und gerade vor einem Jahre mußten die Frankfurter wegen Napoleons Einzug in Moskau illuminiren.
Hannover. Hauptquartier des Kronprinzen von Schweden. Die Franzosen haben an der Nieder-Elbe blos noch Hamburg, Harburg, Stade und das Fort Hope.
Hamburg. In der vergangenen Nacht machte der Marschall Davoust den Versuch, der Bestände der Bank sich zu bemächtigen. Es entstand jedoch großer Aufruhr, worauf die Sache unterblieb. Inzwischen den 14ten wurden doch daraus 750,000 Mark genommen.
Gernsheim. Der russische Oberst Mensdorf (Bouilly) ging in der vergangenen Nacht hier über den Rhein, verbreitete panisches Schrecken, theilte Proclamationen und Berichte aus, und kam am Abend wieder hierher zurück.
Carlsruhe. Der französische Gesandte verläßt den hiesigen Hof.
Stuttgard. Der König von Württemberg macht ein Manifest gegen Frankreich bekannt, worinnen die Gründe aufgestellt sind, weswegen derselbe am 2ten dieses Monats mit den verbündeten Mächten einen Allianz-Tractat geschlossen. - Zugleich wurde der Handel mit ausländischen und Colonialwaaren frei gegeben.
Braunschweig. Der Major E. Offermann macht eine Proclamation auf Befehl des Herzogs Friedrich Wilhelm von Braunschweig bekannt, und nimmt das Land wieder für denselben in Besitz.
Augsburg. Der Königl. Commissarius der Stadt Augsburg, Frhr. von Fraunburg, erläßt einen Aufruf zur Errichtung eines Corps Freiwilliger.
Dresden. Der franz. Marschall Gouvion St. Cyr versucht einen neuen Ausfall, um sich nach Torgau durchzuschlagen, wird aber von dem Fürsten Wied-Runkel zurückgetrieben, und verliert dabei 800 Mann.
Padua. Der General Starhemberg rückt mit der östreichischen Avantgarde hier ein.

7. Busto-Arsizio. Die hiesigen Einwohner müssen wohl nicht gut französisch gesinnt seyn, denn der Vicekönig von Italien erließ am 18ten zu Verona ein Decret, daß, um die Ungebührlichkeiten zu bestrafen, welche in der Nacht vom 7ten in der Gemeine Busto-Arsizio begangen wurden, sich eine mobile Colonne dahin begeben soll, um die Einwohner zu entwaffnen. Ein Jahr lang soll die Gemeine das Doppelte der directen und persönlichen Steuern bezahlen.
Hochheim. Die am hiesigen Ufer des Rheins befindlichen letzten französischen Truppen wurden hier über den Rhein zurückgeworfen, so daß mit Ausschluß der Festungen, nun kein Franzose mehr diesseits desselben steht. Die französische Armee ist also gerade in 20 Tagen von Leipzig bis über den Rhein getrieben worden. Hochheim war mit dem Corps des General Bertrand besetzt, bestehend aus 2000 Mann und 20 Kanonen, und man arbeitet an der Befestigung des Orts. Der Feldzeugmeister Graf Gyulay griff ihn von drei Seiten an, und nur ein Theil der Besatzung rettete sich durch die Flucht. Es wurden 800 Mann mit 25 Offizieren gefangen, und 4 Kanonen und 1 Fahne erobert. Zugleich griff der Graf Bubna und der Fürst Aloys Lichtenstein die zwischen Hochheim und Castell aufgestellten Franzosen an, zwang sie, mehrere angefangene Verschanzungen zu verlassen und ihren Rückzug nach Castell anzutreten. Französische Blätter, Trier den 15ten, sagen über dieses Gefecht folgendes: “Das östreichische Armeecorps ist sehr übel weggekommen. Den letzten Angriff machten die französischen Truppen unter den Befehlen des General Bertrand auf Anhöhen, welche die feindlichen Truppen, die sich dort verschanzten, besetzt hielten. Man vernimmt, daß dieser Angriff vollkommen geglückt ist, und daß die Feinde geschlagen und mit großem Verluste aus ihren Positionen vertrieben worden sind. Die Anhöhen sind in der Gewalt unserer Truppen geblieben.”
Erfurt. Gestern Morgen fing die Beschießung der Stadt, des Petersberges und der Cyriaksburg an, und es brannte den ganzen Tag. Heute Morgen ließ der General von Kleist die Festung von neuem auffordern, und sie legte Capitulationspunkte vor, welche aber verworfen wurden. Ein Waffenstillstand von 48 Stunden wurde aber bewilligt und dieser dann bis zum 20ten verlängert.
Aschaffenburg. Hauptquartier des russischen Obergenerals Barclay de Tolly.
Mantua. Hauptquartier des Vicekönigs von Italien, und deshalb ist in Mailand alles in Bewegung. Der Hof, die Minister, der Senat und viele Angestellte schickten sich zur Abreise an.

8. Berlin. Der König von Preußen ging wieder zur Armee ab. - Die Schlüssel der Städte Paderborn und Minden sind dem Könige von den Generalen Winzingerode und Tettenborn eingeschickt worden. - Der spanische Capitain Battaras traf mit 36 Ueberläufern en. - Der franz. General Bone, nebst 33 Offizieren und 286 Mann, wurden als Gefangene eingebracht. - Bis heute sind allein hier an Gefangenen eingebracht, vom Divisionsgeneral bis zum Lieutenant herunter, 975 Offiziere und 42,462 Gemeine. Man hat ferner hier berechnet, daß die verbündeten Heere seit dem 4ten April bis zum 26ten October zusammen an Gefangenen gemacht haben 129,162 Mann, und daß sie 801 Kanonen, nebst 2906 Munitionswagen erobert haben.
Magdeburg. Die Franzosen machten, 6000 Mann stark, einen Ausfall und warben bis Barby vorgedrungen, wo sie auf den hier gerade marschirenden General Bennigsen stießen, welcher sie unter die Kanonen von Magdeburg zurück trieb. Blos an Todten betrug ihr Verlust 1600 Mann. Gefangen wurden 700 Mann Infanterie und 400 M. Cavallerie, und erbeutet 6 Kanonen. Die Alliirten gelangten hierdurch in den Besitz von Schönebeck, mit sehr großen Vorräthen von Salz, welches die Franzosen in die Elbe werfen wollten, woran sie aber verhindert wurden.
Dresden. Die Belagerten legten eine Capitulation vor, welche aber verworfen wurde, da sie den freien Abzug nach Frankreich verlangten. Am Nachmittag schrieben die deutschen Repräsentanten der Stadt an den die Belagerung kommandirenden General von Klenau, worauf Letzterer an die in Dresden befindlichen Mitglieder des Königl. Sächsischen Hauses die Einladung ergehen ließ, sich nach Gutbefinden aus dieser Stadt zu entfernen. Diese fuhren noch am selbigen Tage nach Prag ab.
Triest. Die französische Besatzung im hiesigen Castell capitulirte und hinterließ an Geschütz 182 Stück. Der franz. Commandant ist der Oberst von Rabie, und die Capitulation wurde von dem englischen Contreadmiral Freemantel und östreichischen General Graf Nugent unterzeichnet. Die Besatzung, 641 Mann, legte in der Stadt die Waffen ab, und wurde nach Italien transportirt. Die Freude des Volks äußerte sich so sehr, daß man Mühe hatte, die Abziehenden von Unannehmlichkeiten zu entfernen.

9. Paris. Der Kaiser Napoleon kam heute Abend in St. Cloud an. Er war in der vergangenen Nacht um 1 Uhr von Mainz abgegangen. Der General Bertrand steht nach franz. Berichten mit 40,000 M. in Castell. Marmont war in Mainz, Macdonald in Cöln, Victor in Strasburg und Kellermann mit der Reserve in Metz. Alle Festungen werden, nach eben diesen Angaben, mit größter Thätigkeit ausgerüstet und verproviantirt. Die vor kurzem ausgehobenen Nationalgarden sollen die Garnison in den Festungen bilden, um die Armee disponibel zu lassen.
Hamm. Der Preuß. Major von Arnim vom Bülowschen Corps erläßt einen Aufruf an die Märker und Berger, worinnen er sie zur Ergreifung der Waffen auffordert.
Paderborn. Am 1sten rückten hier Kosacken ein, und heute wurde von Seiten des Generals von Borstell Paderborn wieder für den König von Preußen in Besitz genommen. In einer erschienenen Bekanntmachung heißt es: “Eingeborne Franzosen können kein Amt behalten; die bisherige Gensd´armerie und geheime Polizei sind aufgelöst; die Landesgensd´armerie wird als allgemeine Landespolizei sofort organisirt; einer geheimen Polizei bedarf es in des Königs von Preußen Staaten nicht.”

10. Berlin. Eingebracht wurden 16 Offiziere und 260 Mann Gefangene, nebst 259 Ueberläufern.
Glogau. Die Belagerten machten sowohl am 8ten als heute unbedeutende Ausfälle.
Lessina. Hier landete der englische Major Slesser, überfiel die Stadt und machte die Garnison gefangen. Die beiden Forts die Napoleone und die Spagno ergaben sich ebenfalls. Ersteres freiwillig auf Zureden des Likkaner Hauptmannes von Knesevich.

11. Dresden. Es wurde eine Capitulation zu Herzogswalde von dem östreichischen Obersten Rothkirch, von dem russischen Oberst Murawiew und von den franz. Obersten Mariou und Perrin abgeschlossen und bekannt gemacht, welcher aber noch die Ratification abgeht. Nach dieser Capitulation sind die in Dresden befindlichen Franzosen Kriegsgefangene, werden aber nach der franz. Gränze geführt, und daselbst gegen Gefangene von den Alliirten ausgewechselt. Ein Bataillon von 600 Mann Franzosen behält die Waffen. Alles Geschütz und Militär-Effecten bleiben in Dresden zurück. Die Festung Sonnenstein ist in die Capitulation mit eingeschlossen. Am Tage nachher fing der Ausmarsch an, und Russen und Oestreicher nahmen sogleich einige Thore und Werke in Besitz. Die Abmarschirenden streckten auf dem Glacis das Gewehr. Durch diese Capitulation sind zu Gefangenen gemacht und erobert: der Marschall Gouvion St. Cyr, 12 Divisions- und 20 Brigade-Generale, 1759 Offiziere, 27,714 Gemeine, außer 6031 in den Spitälern befindlichen, und 245 Stück Geschütz. Den ganzen Werth an Geschütz, Munition und andern Vorräthen schätzt man auf 5 Millionen Thaler. Nach der Bekanntmachung des Fürsten von Schwarzenberg vom 17ten d. M. ist diese Capitulation nicht ratificirt worden, und alle ausmarschirte Franzosen sollen wieder in den Besitz von Dresden und aller jener Vertheidigungsmittel gesetzt werden, welche ihnen vor Unterzeichnung der Capitulation zu Gebote standen. Der Marschall Gouvion St. Cyr ergab sich darauf mit Allem zu förmlichen Kriegsgefangenen, und sie wurden darauf nach Mähren transportirt. Die Garnison konnte deshalb nicht gut nach Dresden zurückgehen, weil sie daselbst schon hatte Pferdefleisch essen müssen, und vollkommene Hungersnoth in wenigen Tagen eingetreten wäre. Auch beschuldigte man sie, daß sie, capitulationswidrig, Puvervorräthe in die Elbe geworfen und eine Anzahl Kanonen vernagelt hätte, so daß sie sich selbst ihrer Vertheidigungsmittel beraubt hätte.
Triest. In der vergangenen Nacht hat sich der General Graf Nugent mit dem größten Theil seiner Brigade zu einer Expedition eingeschifft. Er nahm nur auf drei Tage Lebensmittel mit.
Freiburg im Breisgau. Ankunft der Avantgarde der alliirten Truppen.

12. Berlin. Eingebracht wurden 4 kriegsgefangene Offiziere und 189 Mann, nebst 220 Ueberläufern.
Leipzig. Der General von Thielemann macht mit Genehmigung des Kaisers von Rußland bekannt, daß die sächsische Cocarde von jetzt an grün seyn werde, mit einer gelben und schwarzen Einfassung, zum unvergeßlichen Andenken der Befreier Deutschlands.
Düsseldorf. Gestern zogen die letzten Franzosen von hier ab, und heute besetzten die Preußen und Russen die Stadt. Der französische General Rigaud forderte bei seinem Abzuge noch 4 Millionen baar und 6 in Naturalien. Er ließ sich aber, aus Furcht vor den Alliirten, mit 500 Napoleonsd´or und 12 Stück Schlachtvieh abfinden. - Der Prinz Alexander von Solms-Hohen-Solms-Lich, Königl. Preuß. General, ist zum General-Gouverneur des Herzogthums Berg ernannt worden.
Vicenza. Hauptquartier des F.Z.M. von Hiller. Alles ist zum Uebergang über die Etsch und zum Angriff der Franzosen, die sich gänzlich über diesen Fluß zurückgezogen und bei Verona aufgestellt haben, in Bereitschaft.
Zwoll wird von den alliirten Truppen besetzt.

13. Frankfurt am Main. Abends um 7 Uhr traf der König von Preußen hier ein. Die Könige von Baiern und Württemberg, so wie viele andere Regenten, sind hier ebenfalls anwesend.
Cöln. Heute Nachmittag kamen 30 Kosaken in zwei Kähnen auf das linke Rheinufer, verbreiteten Schrecken, und gingen Abends mit 4 Bürgern von Cöln nach Mühlheim zurück.
Zürich. Der französische Minister Graf Talleyrand kam von Bern hier an. Da die auswärtigen Gesandten zu den außerordentlichen Tagssatzungen nicht eingeladen werden, so hatte sich von den in der Schweiz residirenden Ministern für die morgen zu eröffnende Tagsatzung kein anderer nach Zürich verfügt. Die Gesandtschaften der Kantone waren bereits alle eingetroffen.

14. Ratzeburg. Gestern bis in die Nacht defilirte das ganze im Lager gestandene franz. Corps unter Davoust hier durch, und ihm auf dem Fuße folgte ein Theil der schwedischen Avantgarde unter dem Major von Barck. Heute Morgen rückte die ganze schwedische Avantgarde unter dem Major von Düben ein. Die Franzosen wurden sogleich gegen Grünau und Lübeck hin verfolgt, und ihnen ein beträchtlicher Schaden an Getödteten und Verwundeten beigebracht. Der Major von Düben machte bekannt, daß alle franz. Autoritäten aufgehört und die alte gesetzliche Ordnung wieder eingetreten sey.
Paris. Der Kaiser Napoleon hatte den Senat versammelt, und der Präsident Graf von Lacepede sagte ihm unter andern folgendes: “Vergebens wurden die Anstrengungen der Feinde Frankreichs durch die Abtrünnigkeit seiner Alliirten, durch beispiellose Verräthereien, durch außerordentliche Ereignisse und traurige Zufälle unterstützt. Ew. Maj. haben alles überwunden. Sie haben für den Frieden gekämpft. Vor dem Wiederausbruch der Feindseligkeiten haben E.M. die Versammlung eines Congresses angeboten. Ihre Feinde, Sire, haben sich der Versammlung des Congresses widersetzt. Auf sie muß der ganze Vorwurf des Krieges zurückfallen.” - Napoleon sagte dagegen: “Ganz Europa war vor einem Jahre mit uns; jetzt ist ganz Europa wider uns, denn die Meinung der Welt wird von Frankreich oder England bestimmt. Wir würden daher ohne die Kraft und Energie der Nation alles zu fürchten haben. Die Nachwelt wird sagen, daß, wenn auch große und schwierige Umstände sich darboten, Frankreich und ich denselben gewachsen waren.”
Gora. Hier landete der am 11ten von Triest abgegangene Graf Nugent. Die Küste war mit starken Redouten und Forts befestigt und mit hinglänglichem Geschütz versehen. Zwei Compagnien, unter dem Hauptmann von Birnstiel, landeten zuerst zwischen den Forts Bolano und Gora, und vertrieben die Franzosen aus dem dasigen Walde. Die anderen Truppen folgten nach, und das Fort Gora kapitulirte am Abend. Außer einer schönen Kanonierschaluppe, wurden 12 Kanonen nebst aller Munition und Zubehör erobert.
Rheine an der Ems. Ein preußischer Offizier berichtet von hier: “Es ist unbeschreiblich, mit welchem Enthusiasmus wir überall aufgenommen worden sind; mehrmals hat mich das Volk vor Freude vom Pferde gehoben; jedes Dorf, wo wir übernachteten, hatte die Nacht hindurch illuminirt. Im Flecken Lüden und noch andern waren Dejeuneurs für uns alle auf freiem Felde; in einem Flecken, nicht weit von hier, hatten die Einwohner 17 verschiedene Ehrenpforten für uns errichtet. Meilenweit zog uns alles was lebt, mit den alten preußischen Fahnen entgegen.”
London. Der Lord Castlereagh hielt im Parlament eine Rede über die Streitkräfte der Alliirten, und daß die ihnen zugesagten Subsidien auf das Vortheilhafteste angewendet wären. Ueber Preußen sagte derselbe: “daß selbst in den glücklichsten Zeiten, unter Friedrich dem Großen, die preußische Armee niemals zahlreicher, besser disciplinirt, und besser zu Operationen eingerichtet war als jetzt. Sie hat, obgleich neu errichtet, gegen die geübtesten Truppen Frankreichs gefochten und gesiegt. Daß man eine solche Macht und solche Anstrengungen unterstützen werde, bin ich fest überzeugt.”

15. Zürich. Die angesetzte außerordentliche Tagsatzung, zu welcher sich auch die Minister von Bayern und Würtemberg und der Charge d´Affaires von Italien, Baron Tassani, eingefunden haben, wurde heute eröffnet. Es wurde einstimmig beschlossen, das Neutralitätssystem anzunehmen. In der Declaration darüber heißt es: “daß die schweizerische Eidgenossenschaft es als ihre heilige Pflicht ansehe, sich in dem gegenwärtigen Kriege vollkommen neutral zu verhalten, und diese Neutralität gewissenhaft und unpartheilich gegen alle hohe kriegführende Mächte zu beobachten. Zur Handhabung dieser Neutralität hat sich die Tagsatzung entschlossen, die schweizerischen Grenzen mit eidgenossischen Truppen zu besetzen, und die Sicherheit und Unverletzbarkeit ihres Gebiets mit den Waffen zu beschützen.” Der Landamman der Schweiz hat auch den Grenzkordon durch ein viertes Bataillon der eigenossischen Contingentstruppen sogleich vermehrt. Zugleich wurden alle Cantons aufgefordert, ihre ganze Contingente marschfertig zu halten.
Berlin. Eingebracht an Gefangenen 41 Offiziere und 128 Mann; desgleichen kamen an 9 übergetretene Offiziere und 196 Mann.
Frankfurt am Main. Ankunft des Feldmarschalls von Blücher. - Beinahe alle Fürsten, welche den Rheinbund ausmachten, haben gegenwärtig darauf Verzicht geleistet, und stehen mit den alliirten Mächten in den innigsten Verhältnissen. Schon haben sich diese Fürsten größtentheils hierher begeben, um Ihren Majestäten den Kaisern von Oestreich und Rußland und dem Könige von Preußen Versicherungen ihrer Ergebenheit für die Sache Deutschlands abzulegen.
Paris. Der Senat nimmt in der heutigen Sitzung an, daß 300,000 Conscribirte aus den Jahren 1806 bis 1814 zur Disposition des Kriegesministers gestellt seyn sollen. Davon wird die Hälfte sogleich ausgehoben, und die andere Hälfte zur Reserve gelassen, um bloß in dem Falle ausgehoben zu werden, wenn die östliche Grenze bedroht werden sollte. - Die Kaiserin ertheilte dem Kriegsminister eine Audienz, in welcher die unter dem 1sten bemerkten Fahnen überreicht wurden.

16. Nassau. Der Herzog von Nassau hat dem Rheinbunde ebenfalls förmlich entsagt.
Villa nuova. Gestern hatte bei Colognola und Caldiero ein bedeutendes Gefecht statt. Die Franzosen griffen mit großer Uebermacht an, und da die östreichische Verstärkung erst heute eintreffen konnte, so nahm das östreichische Corps seine Aufstellung bei Villa nuova. Am Abend griffen die Franzosen die hiesige Brücke an, scheiterten aber, und hatten einen bedeutenden Verlust; jedoch auch die Oestreicher hatten einen starken Verlust. Eine Aufstellung von 3 Bataillonen auf der Monte Bastio und 4 Bataillonen vorwärts Montebello nöthigte die Franzosen, sich in die Stellung von Caldiero zurückzuziehen. Der Vicekönig von Italien, welcher dieses Gefecht leitete, berichtet darüber unter andern: “Der Feind hatte mehr als 1500 Todte oder Verwundete, und 900 Gefangene blieben in unserer Gewalt. Unser Verlust ist im Vergleich mit jenem gering. Uns wurden nur ungefähr 500 Mann streitunfähig gemacht, worunter sich unglücklicherweise 30 Offiziere befinden.”

17. Berlin. Eingebracht wurden 34 Gefangene und 15 Ueberläufer.
Dresden. Die letzte Colonne Franzosen zog ab, und zu Mittage erfolgte unter dem Geläute aller Glocken der Einzug des östreichischen Generals von Klenau und des unter seinen Befehlen stehenden Armeecorps.
Torgau. Der französische Gouverneur, Graf Narbonne, büßte durch einen Sturz mit dem Pferde sein Leben ein. Sein Nachfolger ist der Divisionsgeneral Graf Dutaillis.
Ferrara. Die Brigade Nugent sit über den Po gegangen und heute in Ferrara eingerückt.
Ankona. Der Kriegscommissär Ritter Severoli kam von Mailand hier an, um das Nöthige wegen dem, den 1sten December beginnenden Durchmarsch der neapolitanischen Armee zu besorgen. Das Hauptquartier dieser Armee soll nach Bologna kommen. Die Avantgarde derselben ist, nach zu Turin eingegangenen Nachrichten, bereits in Rom angelangt.

18. Frankfurt am Main. Der Rheinbund ist nun gänzlich aufgelöst, und von allen seinen Mitgliedern verlassen. Alle ehemaligen Rheinbundstaaten wetteifern in Herbeischaffung großer Mittel zur Vertheidigung deutscher Freiheit und Rechte. Ueberall eilt das Volk zu den Waffen. In wenigen Wochen wird Deutschland Streitkräfte aufweisen, wie es nie zu einem Zwecke vereinigt hatte. Alle Contingente werden vollzählig gemacht. Landwehr und Landsturm, wo es die Lokalität erlaubt, errichtet. Bis zum 1sten Januar werden alle Contingente am Rhein stehen, und da Jeder eben so starke Zurüstungen macht, als früher Preußen, so werden die ehemaligen Rheinbundstaaten 360,000 Mann zusammenbringen.
Amsterdam. Seit einigen Tagen bemerkte man in verschiedenen Theilen Hollands große Bewegungen unter den französischen Truppen, und deren Abziehen, und heute verließen auch die franz. Autoritäten Amsterdam. Sogleich erhob sich das Volk, müde der Bedrückungen und Frevel, die es so lange erduldet hatte, und eilte, seine Rache zu befriedigen, indem es die Hauptgegenstände seines Hasses, die hölzernen Wachthäuser der Douaniers längs dem Hafen zerstörte und verbrannte. Dasselbe Schicksal theilten das Bureau de Regie und die Fahrzeuge, deren man sich zum Aufsuchen der Contrebande bedient hatte. Aber alles dieses geschah ohne Plünderungen und Ausschweifungen. Auch waren Ruhe und Ordnung augenblicklich wieder hergestellt, sobald die Nationalgarde, aus den zuverlässigsten Bürgern zusammengesetzt, eine Commission von 24 Mitgliedern ernannt hatte, und diese die vorläufige Leitung der Angelegenheiten übernahm. “Es lebe Oranien!” durchschallte die Lüfte, und die Orangenkokarde wurde aufgesteckt. Eben so bildete sich unmittelbar nach Entfernung des Präfecten im Haag eine provisorische Regierung. Rotterdam, Dortrecht, Delft, Harlem, Leiden und die meisten andern Hauptstädte thaten dasselbe. Der Geist auf dem flachen Lande ist eben so. Merkwürdig ist hierbei, das alles dieses, wenn schon gleichzeitig und in demselben Sinne, doch durchaus ohne alle besondere Verabredung oder Verbindung zwischen den Plätzen statt gefunden hat. So beweist ein Volk nach dem andern, daß der Druck einer erobernden Macht nur augenblicklich wirksam sey; daß die Stimme des Rechts wohl unterdrückt, aber nicht vertilgt werden kann, und daß die Unterjochung Europa´s und die Gründung der Herrschaft einer Macht über benachbarte und entfernte Staaten, nie dauerhaft begründet werden kann. - Die Zahl der französischen Truppen, die sich, ihren Rückzug zu decken, auf verschiedenen Punkten noch halten, übersteigt nicht 4000.

19. Halle. Durch eine Cabinetsordre von Frankfurt am Main, hat der König von Preußen erklärt: “daß die Universität Halle sofort in ihre volle Wirksamkeit eintreten solle, Allerhöchstdieselben auch des Waisenhauses und Pädagogiums eingedenk seyn würden.”
Venedig ist bereits von der Land- und Seeseite eingeschlossen.
St. Michel. General Becsey hatte Montorio und die Höhe des verfallenen Castells vorwärts dieses Orts genommen, auch St. Michel durch ein Bataillon angreifen lassen, als die Franzosen sich mit beträchtlicher, eiligst aus Verona herbeigezogenen Verstärkung unter Anführung des Vicekönigs hier setzten. Es ward von Graben zu Graben bis in die Nacht gefochten, und die Franzosen bis an die ersten Häuser von St. Michel zurückgeworfen. In den verschiedenen Gefechten vom 11ten bis heute, hat der Vicekönig einen Verlust von 5000 Mann an Todten, Verwundeten und Gefangenen erlitten.
Paris. Der Minister der Justiz schrieb heute an die Tribunale des Reichs, und aus diesem bekannt gewordenen Briefe geht die Verlegenheit Frankreichs sehr deutlich hervor. Er sagt: “In diesem Augenblick des Schreckens, worin alle, die ein französisches Herz haben, tief über die Gefahren des Vaterlandes bewegt seyn müssen, wende ich mich an Sie, die mit dem allgemeinen Vertrauen beehrt, auf den Geist und die Gefühle Ihrer Mitbürger einen mächtigen Einfluß haben können. Die Grenzen des Reichs sind von der Seite der Pyrenäen und des Nordens angegriffen; die des Rheins und jenseits der Alpen werden bedroht, und man muß sich nicht wundern, wenn das Innere Frankreichs die Beute des Feindes wird, wenn nicht schnelle und kräftige Maßregeln genommen werden, seine Entwürfe zu beschämen.”

20. Schwed an der Oder. Der Prinz von Oranien-Nassau bildet hier eine holländische Legion in englischem Solde.
Karlsruhe. Der Großherzog von Baden macht in einem Aufruf seinen Abgang vom Rheinbunde und Vereinigung mit dem großen europäischen Bunde bekannt.
Zürich. Heute Abend traf der Herr von Lebzeltern, in Begleitung des in russischen Diensten stehenden Herrn von Capo d´Istria, aus dem Hauptquartier der Alliirten hier ein.
Mailand. In einem Schreiben des Kaisers Napoleon an den Herzog von Lodi heißt es: “Ich beschäftige mich mit Italien; ich ziehe eine Armee von 100,000 Mann bei Turin zusammen. Meine Völker Italiens dürfen gewiß seyn, daß ich unter keinen Umständen sie verlassen werde. Wenn gebieterische Ereignisse unsere jetzige Lage schwierig gemacht haben, so ist doch alles vorgekehrt, um den Folgen vorzubeugen.”

21. Münster. Hauptquartier des dritten preußischen Armeecorps, unter dem General von Bülow. Einige holländische Festungen an der Yssel haben einzelnen vorausgeschickten Corps von der Cavallerie des Generals von Oppen, und von der leichten Infanterie, bereits die Thore geöffnet. Der General von Bülow erließ gestern eine Proklamation an die Holländer, und verheißt nahe und kräftige Hülfe zu der bereits ausgebrochenen Insurrection.
Cassel. Der Kurfürst Wilhelm der I. traf nach einer siebenjährigen Abwesenheit wieder ein. Mittags um 1 Uhr geschah der höchst feierliche Einzug. Ihn begleiteten die Kurfürstin und mehrere andere durchlauchtige Personen. Abends war die Stadt auf das prachtvollste erleuchtet.
Würzburg. Nach einer Verordnung sind hier englische und Colonialwaaren wieder erlaubt.
Vicenza. Hauptquartier des Feldmarschall-Lieutenants von Hiller. Alle Nachrichten stimmen darin überein, daß der Vicekönig nun keinen Succurs mehr zu erwarten habe, und das Resultat der nahen Schlacht über das Schicksal Italiens entscheiden müsse.
London. Bereits heute trafen Deputirte mit der Nachricht von der Befreiung Hollands hier ein. Ihre Ankunft verbreitete eine trunkene Freude, welche mit Lösung der Kanonen vom Tower gefeiert wurde. Eine Expedition von Kriegsschiffen und Truppen ward sogleich beordert, den Holländern zu Hülfe zu kommen.

22. Berlin. Als Gefangene kamen von Neu-Ruppin an, der badensche General von Streckhorn, nebst 8 Staabs- und 63 Subaltern-Offizieren und 1290 Mann.
Torgau. Die Beschießung der Festung wurde angefangen. Aus dem wichtigen, bei den Teichhäusern auf einem Damm gelegenen Posten, mußten die Belagerten ihr Geschütz herausziehen, indem die Pallisaden desselben größtentheils zerschmettert wurden. Am Abend wurde dieser Posten mit Sturm genommen. Der kommandirende General, Graf von Tauentzien, erließ einen Aufruf an seine Soldaten, worinnen es heißt: “Prägt es tief in eure Herzen ein, daß das vierte Armeecorps an Tapferkeit, Beharrlichkeit und Kraft keinem andern nachsteht. Die Vorsehung, die so wundersam die heilige Sache unterstützt, die wir verfechten, wird auch uns ihren Schutz angedeihen lassen.” Am nämlichen Abend kappten 10 Schiffmühlen die Anker, und legten sich auf die Wasserseite der Alliirten.
Stettin kapitulirte, und die Festung wird den 5ten December überliefert. Die Garnison wird als kriegsgefangen über die Weichsel geführt. Bloß diejenigen Franzosen, welche nicht Waffen getragen, als Chirurgen, Commissärs etc. sind von dieser letztern Bestimmung ausgeschlossen. Die Offiziere behalten ihre Equipage, und die Soldaten ihre Tornister.
Weimar. Der Herzog von Weimar erläßt einen Aufruf zur Bildung einer Schaar von Freiwilligen, und ladet auch die Bewohner seiner benachbarten Staaten dazu ein.
Zara. Die Beschießung dieser Stadt aus vier Batterien hat heute ihren Anfang genommen.
Zamosc in Polen, kapitulirte, und die Besatzung kam als kriegsgefangen zu den Russen. Die Kapitulation ist russischer Seits von dem Obersten Boguslawsky, und polnischer Seits von dem sächsischen General Hauke abgeschlossen. Es zogen nur etwas über 500 Mann aus; die übrigen lagen in den Lazarethen.

23. Dösburg. Die Avantgarde des Bülowschen Corps, unter dem General von Oppen, rückte hier ein. Ein Theil der französischen Garnison mußte über die Klinge springen. Der Kommandant, 5 Offiziere und 110 Mann wurden zu Gefangenen gemacht, und die andern blieben. Erobert wurden 2 schwere Kanonen. Alliirter Seits blieben 2 Offiziere und 8 Gemeine.

24. Amsterdam. Der Major Marklay, mit einem Detaschement von 200 Kosaken, von der Avantgarde des Generals von Winzingerode, rückte unter dem lautesten Jubel der Einwohner hier ein.
Zütphen. Der preuß. Major von Sandrat, welcher sich mit dem 1sten Leibhusaren-Regimente und einem Detaschement Infanterie Zütphen näherte, verlor in einem hartnäckigen Gefechte 60 Mann an Todten und Verwundeten. Aber gleichzeitig hatte der General von Oppen reitende Artillerie, und Infanterie auf Wagen über die Yssel gesandt, nahm dabei einen Posten von 1 Offizier und 19 Mann gefangen, und ließ die Stadt beschießen. Dann wurde ein allgemeiner Angriff angeordnet, welchen jedoch der französische Kommandant nicht abwartete, sondern sich mit 300 Mann gefangen gab.
Woerden. Gestern Abend erschienen ungefähr 250 Nationalgarden aus dem Haag mit zwei Kanonen, welchen der französische Kommandant die Stadt auf die erste Aufforderung übergab. Aber heute ward die neue Besatzung durch ein zahlreiches Corps Franzosen von Utrecht her überrascht, und die Stadt nach einem lebhaften Gefechte von neuem eingenommen. Jetzt nahmen Verwüstungen, Plünderungen und unmenschliche Mordthaten ihren Anfang. Vier und zwanzig Einwohner sind von den Franzosen ohne Ursache jämmerlich ermordet. Gegen 50 andere zum Theil schwer verwundet. Die Geistlichen sind selbst am Altare nicht verschont, und Greise, so wie Säuglinge in den Armen der Mütter, sind durchbohrt worden. Den 27ten zogen die Franzosen endlich weiter.
Cassel. Auf Befehl des Kurfürsten ladet der Brigademajor von Mensing alle Hessen zu einem freiwilligen Jägercorps ein, und sagt dabei: “Brave Hessen! Blicket auf Rußlands, Oestreichs und Preußens Krieger; blickt auf die Sachsen, Baiern und die übrigen Alliirten. Sehet, wie in allen Ländern deutscher Zunge muthige Jünglinge und Männer von allen Ständen zur Vaterlandsvertheidigung herbeiströmen, und keine Opfer scheuen. Auch Ihr werdet ihnen nicht nachstehen, auch Ihr werdet, eingedenk des kriegerischen Ruhms Eurer tapfern Vorfahren, Eures Namens würdig zu den Fahnen eilen, zu streiten für die große Sache Deutschlands und Eurer Fürsten.”

25. Modlin in Polen, kapitulirte, und die Besatzung von 3000 Mann mußte sich zu Kriegsgefangenen ergeben. Beinahe 240 Kanonen wurden hier und in Zamosc gefunden, nebst einer großen Menge Ammunition. Der Kaiser von Rußland hat dem ganzen polnischen Militär von dieser Besatzung erlaubt, zu ihren Familien zu gehen. Die Franzosen hingegen wurden in das Innere von Rußland abgeführt. Der französische Commandant war der Gen. Dändels. Den 1. Dec. zogen die Russen unter dem General Kleinmichel ein.

26. Berlin. Eingebracht wurden 9 franz. kriegsgefangene Offiziere und 38 Ueberläufer.
Basel. Heute war hier der russische Oberst von Mensdorf, mit einigen unbewaffneten Kosaken.
Frankfurt am Main. Es wurde ein von hier datirter Brief in Paris durch das Journal de l´Empire bekannt gemacht, worinnen es heißt: “Die Sterblichkeit ist in unserer Stadt (Frankfurt am Main) und Gegend sehr groß, und wir sind unbeschreiblich unglücklich, denn Bedrückungen jeder Art lasten auf uns. Man hatte versprochen, uns von diesen Fremden zu befreien, aber täglich mehrt sich ihre Zahl, und sie spielen bei uns den Herrn. Ganz Deutschland geplündert, verheert, erschöpft an Menschen und Geld, seufzet nach Frieden. Frankreich allein widersteht England, Spanien, Portugall, Rußland, Preußen, Oestreich, Schweden und allen Fürsten Deutschlands. Dieser Widerstand allein ist edel und ehrenvoll, und die Nachwelt wird mit Bewunderung den Kampf eines einzigen Volks gegen alle bemerken.”
Bernburg. Die Acte wegen des Beitritts des Herzogs von Bernburg zu den Alliirten wird unterzeichnet.

27. Deventer. Der Fürst Gagarin ließ 300 Kosaken absitzen, und griff die hiesige Garnison an, welche einen Ausfall machte, um die Vorstädte in Brand zu stecken oder zu besetzen. Nach einem hartnäckigen Gefechte jagte er die Franzosen bis über die Brücke, tödtete viele und machte 60 Gefangene.
Augsburg. Der Königl. Baiersche Polizeidirector, Freih. von Andrian, macht einen Aufruf zur Errichtung eines Corps Freiwilliger bekannt.
Oldenburg. Der Herzog von Oldenburg trat wieder hier ein, und wurde mit dem lautesten Jubel empfangen.

28. Torgau. Die Franzosen versuchten einen Ausfall auf dem rechten Flügel der Trancheen, wurden aber nachdrücklich zurückgewiesen.
Amersfort besetzte der Oberst Narischkin. Die Garnison hatte sich auf Naarden zurückgezogen.
Utrecht. In der vergangenen Nacht verließ der franz. General Molitor ganz in der Stille die Stadt. Heute rückten Kosaken ein.

29. Berlin. Eingebracht 10 kriegesgefangene Offiziere.
Wittenberg. Von der Besatzung traten aus 1 Capitän, 6 Lieutenants und 72 Mann Holländer. Sie versicherten, daß sämmtliche holländische Truppen nachfolgen würden, sobald sich nur Gelegenheit fände, der strengen Beobachtung zu entgehen.
Boitzenburg. Hauptquartier des Kronprinzen von Schweden. Am 16ten ging derselbe von Hannover ab, traf den 17ten in Bremen, den 20. in Celle, den 22ten in Uelzen und den 23ten in Lüneburg ein.
Wien. Der Feldmarschall-Lieutenant von Hiller hat eine andere Bestimmung erhalten, und die Führung der italienischen Armee hat der Feldmarschall von Bellegarde bekommen.
Rotterdam. Abends rückten Kosaken ein.
Hanau. Der Kurfürst von Hessen kam heute hier an, und auch diese seine Unterthanen emfpingen ihn mit der höchsten Freude.
Dortrecht. Der Bürger-Lieutenant Adolph Bygh zog mit einem freiwilligen Detaschement Bürger-Soldaten aus, um die noch besetzte Batterie an der Buitenfluis zu nehmen; aber die Beyerlandischen Bauern waren ihnen zuvorgekommen, und hatten nicht allein 40 Franzosen zu Gefangenen gemacht, sondern auch neun 24Pfünder und zwei 8Pfünder mit vieler Munition erobert. Ein reisender Engländer Adams hatte sie angeführt.

30. Magdeburg. Die Franzosen machten einen Ausfall nach dem Dorfe Barleben. Sie plünderten nicht nur diesen Ort aus, sondern mißhandelten auch die unglücklichen Einwohner mit unerhörter Grausamkeit. Alles menschliche Gefühl verleugnend, ermordeten sie 9 wehrlose und friedlich gesinnte Bauersleute, und verwundeten 14 Männer und Frauen größtentheils tödtlich. Ein Deutscher, der Major Koßmann, Befehlshaber eines Theils der wenigen in Magdeburg befindlichen Kavallerie, ist schon seit drei Monaten das verächtliche Werkzeug aller Plünderungen, und wohin er noch jetzt gekommen, hat der den Fluch und die Verwünschungen der Einwohner mit sich genommen.
Leipzig. Die verbündeten Mächte haben in der Absicht, das Vertheidigungssystem des nun gänzlich befreiten Deutschlands nach bestimmten Hauptgrundsätzen zu ordnen, eine Commission ernannt. Diese besteht aus dem Fürsten von Schwarzenberg, Minister von Stein, Fürsten Wolkonsky, Chef des russischen Generalstaabes, russischen General von Wolzogen, Feldmarschall-Lieutenant Graf Radetzky, Chef des östreichischen Generalstaabes, und General von Gneisenau, Chef des preußischen Generalstaabes.
Haag. Der Prinz Erbstatthalter von Oranien landete heute zu Schevelingen, und der Jubel des Volks überstieg alle Beschreibung. Er kam aus England auf einer Pinke, so wie vor 19 Jahren die oranische Familie auf einer Pinke Holland verließ. In der Nacht um 12 Uhr wurde seine Ankunft im Haag vor dem Palais bei Fackelschein bekannt gemacht. Etwas früher erschien hier folgendes: “Orange boven! Holland ist frei! Die Alliirten marschiren auf Utrecht. Die Engländer sind herbei gerufen worden. Die Franzosen fliehen auf allen Seiten. Die See ist offen. Der Handel lebt wieder auf. Alles Erlittene ist vergeben und vergessen. Männer von Einfluß und Ansehen sind zur Regierung berufen. Die Regierung ladet den Prinzen zur Uebernahme der Souveränität ein. Wir verbinden uns mit den Alliirten, und zwingen den Feind um Frieden zu bitten. Das Volk soll einen frohen Tag auf öffentliche Kosten haben, aber Plünderung und Excesse sind verboten. Jeder dankt Gott. Die alten Zeiten sind zurück gekehrt. Orange boven!”
Arnheim. Diese holländische Festung wurde von dem General von Bülow mit dem Bajonet genommen, und derselbe schlug hier sein Hauptquartier auf. Drei Generale, 10 Kanonen und mehrere hundert Gefangene fielen ihm in die Hände. Der Rest der Franzosen hat sich über den Rhein gegen Nimwegen gezogen, und wird von dem General von Oppen verfolgt. Der General von Bülow verlor bei diesem Sturm 300 Mann. Durch die Erstürmung dieser Festung wurde der Eingang zu Holland eröffnet, und schon den 12ten December feierten die Einwohner ihr Erlösungsfest auf eine glänzende und rührende Weise.