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Rezension : Napoleon - Revolutionär auf dem Kaiserthron

 

Titel

Napoleon - Revolutionär auf dem Kaiserthron.

Autor(en)

Günter Müchler

Verlag, Umfang

wbg Theiss Darmstadt, 2019, ISBN 978-3-8062-3917-1
623 Seiten, s/w-Abbildungen und 2 Karten

Rezension

Zu Beginn des Jahres 2019, das am 15. August den 250sten Jahrestag der Geburt Napoleon Bonapartes feiert, sind schon mehrere neue Biographien zur Person Napoleons erschienen. Das hier vorliegende Werk stammt aus der Feder von Günter Müchler, der eine langjährige journalistische Erfahrung in Print und Rundfunk, zuletzt als Programmdirektor von Deutschlandfunk und Deutschland Radio Kultur aufweisen kann.

Dieser berufliche Hintergrund macht sich auch beim Lesen seiner Biographie Napoleons bemerkbar, denn mit einer gut lesbaren, bildreichen Sprache vermag Müchler den Leser zu fesseln und die immerhin über 600 Seiten zügig lesen zu lassen. Das Leben Napoleons fasst der Autor in fünf Phasen zusammen, die sich in die Abschnitte Suche (bis zur Abreise Bonapartes aus Ägypten 1799), Gestaltung (bis zur Kaiserkrönung 1804), Improvisationen (bis zur Geburt des Sohnes 1811), Lähmung (bis zur Völkerschlacht von Leipzig 1813) und Absturz (bis zur Schlacht von Waterloo 1815) aufteilen. Das zweite Exil wird kurz, ergänzt um eine Betrachtung der Auswirkung auf Frankreich und die deutschen Länder, im letzten Kapitel Nachhall beleuchtet.

In der meiner Meinung nach sehr guten und das Buch glänzend abschließenden Suche nach den Deutschen Spuren des verstorbenen Napoleons schreibt Müchler eingangs:

Wenn man eine Biografie in Angriff nimmt, hat man die Zuversicht, im Verlauf der Arbeit möglichst alle Unklarheiten ausräumen zu können, damit der gewählte Gegenstand am Ende von allen Schlacken befreit dasteht, klar und durchsichtig wie ein Kristall. Bei Napoleon geht diese Rechnung nicht auf. Ist ein Fragezeichen gestrichen, taucht ein neues auf. Person und Werk passen in keine Schablone.

Hier drückt Müchler auch die Stärke seiner vorgelegten Biographie aus, denn er versucht, sich der Person Napoleons und seines Wirkens als Person und damit auch Erbe der Französischen Revolution, mit den Vorstellungen der damaligen Zeit zu nähern. Das Buch ist dabei weniger ein Psychogramm Napoleons, auch wenn der Autor nach den Gründen für das selbst heute noch rastlos erscheinende Wirken des Revolutionärs auf dem Kaiserthron sucht.

Auf Basis der aktuellen Literatur zur Persönlichkeit und dessen Epoche, u.a. auch der ganz aktuellen 15bändigen Correspondance générale Napoleons, ergänzt um Memoiren gängiger Zeitgenossen wie beispielsweise Fain, Constant oder Menéval, grenzt Müchler den gestalterischen (aktiven) vom getriebenen (reaktiven) Politiker Napoleon Bonaparte ab. Seine Stärke zieht der Autor aus der 2013 von ihm veröffentlichten Studie zum Aufeinandertreffen Napoleons und Metternichs im August 1813. Gerade Metternich als Architekt der nachnapoleonischen "restaurativen" Ordnung Europas bildet über viele Strecken des Buchs den Kontrapunkt zum Revolutionär Napoleon. Man mag vielleicht nur nicht, wie Müchler, Metternich einen so hohen Stellenwert unter den Gegnern Napoleons zuweisen.

Ein Schwachpunkt des Buches stellt die Bewertung der kriegsgeschichtlichen Darstellungen im Wirken Napoleons dar. Müchler hätte sich hier nicht auf die eher weniger militärgeschichtlich bewanderten "Historiker" verlassen sollen und manch eine tiefere Recherche Fehler vermeiden helfen - so war Junot kein französischer Marschall, oder die Verwechslung von West mit Ost bei der Beschreibung der Verbindungslinie preußischer Verbände nach der Schlacht von Ligny 1815. Ansonsten beschreibt Müchler solide die kriegerische Abfolge der Revolutions- und Napoleonischen Kriege und unterfüttert diese gelegentlich mit Zitaten von teilnehmenden Soldaten.

Trotz dieser vermeidbaren Fehler empfiehlt der Rezensent die auf 580 Seiten ausgebreitete Darstellung vom Leben und Wirken Napoleons, die von einem 21seitigen Anmerkungs- und Literaturapparat ergänzt wird. Gerade nicht französisch-sprechenden Lesern dürfte diese Biographie eine nützliche Hilfe sein, sich dem Mythos Napoleons und seinem Erbe zu nähern.

Rezensent

Markus Stein

 

     
© Napoleon Online - Letzte Aktualisierung am 23.03.2019
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