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Französische Infanterie 1815

 

Schon schnell nach der erneuten Machtübernahme durch Napoleon im Jahre 1815 stand dieser vor der Mammutaufgabe, möglichst schnell wieder eine schlagkräftige Armee aufzustellen und diese gegen die Alliierten ins Gefecht zu bringen. Hierfür war es vor allem notwendig, primär diese Armee mit ausreichender Bewaffnung und natürlich im nächsten Schritt auch mit adäquater Uniformierung auszustatten.

In seinen ersten Anordnungen an den neuen Kriegsminister, Marschall Davout, will sich Napoleon einen Überblick über die Bekleidungssituation seiner Truppen machen. So verlangt er in beispielsweise in zwei Anfragen vom 2. April 1815 einen Statusbericht der Ausstattung seiner Linientruppen und empfiehlt seinem Kriegsminister die Bereitstellung ausreichender Uniformen - auch vor dem Hintergrund der anstehenden Vergrößerung der Armee.

Durch die angespannte Finanzlage müssen schon früh Konzessionen an die Ausstattung der Einheiten gemacht werden. Ein Schreiben Napoleons vom 3. April 1815 an den General Andréossy, zum damaligen Zeitpunkt Vorsitzender des Kriegsausschusses im Staatsrat, über die Uniformierung der Nationalgarde, belegt diesen ökonomischen Zwang:

Pour organiser les gardes nationales de France, je voudrais que toutes les gardes nationales eussent pour uniforme une blouse gauloise bleue, qui ne coùterait que 10 ou 12 francs; il y aurait une broderie pour les officiers. Les chasseurs et grenadiers qui auraient le moyen de s'habiller en gardes nationaux, et les officiers qui voudraient porter un habit en seraient les maitres; mais la blouse serait l'uniforme général, et cela coùterait peu de chose ... L'équipement est le troisième objet: en adoptant que l'uniforme consistera en une blouse bleue, par-dessus laquelle on mettrait une giberne noire, chacun pourrait se procurer cette blouse, il y aurait uniformité, et l'habillement coùterait peu de chose; on aurait de plus l'avantage que cette blouse, étant de toile de coton, n'enlèverait pas le coutil à l'habillement des troupes. En adoptant la giberne noire, cela éviterait encore d'etre en concurrence avec la ligne. Ceux qui voudraient avoir un habit de garde nationale sous la blouse, pour le porter hors de service, en seraient les maitres, et ils le feraient faire à leurs frais.

Auch wenn es sich um die den Linientruppen nachgeordnete Nationalgarde handelt, zeigt dieser Befehl mit der Ausstattung derselben mit einem einfachen blauen Baumwollkittel und einer schwarzen Patronentasche, dass eine Uniformität "auf Sparflamme" erzielt werden soll. Interessant auch die ausdrückliche Freiheit für Nationalgardisten, einen Rock - wohl im alten Schnitt der Nationalgarde - zu führen, aber dies nur außerhalb des Dienstes und auch auf eigene Kosten.

Für die Linientruppen sah es in den April- und Maitagen nicht anders aus. So verlangt Napoleon, dass Kavallerieregimenter sich aus Depots aufgelöster Einheiten bedienen und dabei nur auf "Ähnlichkeit des Aussehens mit der eigenen Uniformierung achten" sollen. Auch die Neuanfertigung kam nicht in zufriedenstellendem Maße mit der angeforderten Menge an Effekten nach. Davout beschwert sich Anfang Mai 1815 bei dem ihn untergeordneten Daru, dass sich Einheiten mal über fehlende Stoffe, mal über die schlechte Qualität oder auch über fehlende Geldmittel beschwerten. Davout äußert deshalb auch die Idee, die Einheiten mit einem guten Mantel, Hosen, einer Weste und Gamaschen auszustatten, bis eine ausreichende Menge blauer Stoffe zur Produktion von Röcken vorhanden ist. Dabei verlangt er eine gleiches Aussehen der Mäntel zumindest auf Regimentsebene.

In Paris und anderen Zentren werden finanzielle Mittel zur Herstellung von Uniformen bereit gestellt. So entstehen in der Hauptstadt etwa 1.250 Röcke pro Tag und verursachen so tägliche Ausgaben der Öffentlichen Hand von 187.500 Francs. Während des Monats Mai werden insgesamt 13 Millionen Francs an die Einheiten ausgeschüttet, um vor Ort fehlende Uniformen und Ausrüstungsteile anzuschaffen.

Aus einem Tadel Napoleons vom 11. Mai 1815 gegenüber seinem Aide de Camp General Caffarelli, der mit der Kontrolle der Geldzuweisungen und v.a. mit der Qualitätskontrolle der neuen Uniformen betraut wurde, geht Napoleons Sorge über die unzulängliche Qualität der Uniformen hervor. Zudem werden laut einem Bericht Davouts vom 12. Mai 1815 die Röcke in drei "mittleren" Größen ausgeliefert, die den Soldaten nicht richtig passen. Daher müssten die Regimenter nicht eingeplante Kosten für die Reparatur der ausgelieferten Uniformen aufwenden.

Grenadiere der Linieninfanterie 1815 (B. Coppens) Chasseure der Leichten Infanterie 1815 (B. Coppens)

Im Werk von Couderc de Saint-Chamant (siehe Quellen und Literatur) finden sich im Anhang die Bestandslisten mehrerer Regimenter, die ein erschreckendes Bild über die nur mangelhafte Ausstattung dieser Einheiten abgeben. Leider sind diese Listen nicht datiert, sie dürften aus dem Kontext heraus im Mai 1815 erstellt worden sein.

  10. Leichte 20. Linie 39. Linie 86. Linie 101. Linie
Stärke  2.940 2.246 1.443 1.811  2.257
anwesend unter Waffen   2.219
(75%)
 1.198
(53%)
 993
(69%)
 1.083
(60%)
 662
(29%)
Röcke           
 guter Zustand  1.475
(66%)
 849
(71%)
 1.116
(112%)
 1.026
(95%)
 221
(33%)
 reparaturbedürftig  468
(21%)
 326
(27%)
 383
(39%)
 76
(7%)
 288
(43%)
 nicht verwendbar (außerhalb Tragezeit)  614
(28%)
 150
(12%)
 2
(0,2%)
 104
(10%)
 0
 nicht verwendbar (innerhalb Tragezeit)  144
(6%)
 0  248
(25%)
 15
(1%)
 36
(5%)
Westen           
 guter Zustand  1.410
(63%)
 727
(61%)
 995
(100%)
 749
(69%)
 456
(69%)
 reparaturbedürftig  273
(12%)
 222
(18%)
 245
(25%)
 10
(1%)
 1
(0,1%)
 nicht verwendbar (außerhalb Tragezeit)  526
(24%)
 349
(29%)
 0  64
(6%)
 0
 nicht verwendbar (innerhalb Tragezeit)  86
(4%)
 0  107
(11%)
 5
(0,5%)
 30
(4%)
Wollhosen ("Pantalons de tricot")           
 guter Zustand  565
(25%)
 601
(50%)
 792
(80%)
 755
(70%)
 133
(20%)
 reparaturbedürftig  108
(5%)
 64
(5%)
 178
(18%)
 0  0
 nicht verwendbar (außerhalb Tragezeit)  1.486
(67%)
 503
(42%)
 402
(40%)
 124
(11%)
 0
 nicht verwendbar (innerhalb Tragezeit)  15
(1%)
 139
(12%)
 86
(9%)
 5
(0,5%)
 201
(30%)
Unterhosen aus Leinen          
 guter Zustand  508
(23%)
 586
(49%)
 792
(80%)
 141
(13%)
 73
(11%)
 reparaturbedürftig  120
(5%)
 11
(1%)
 178
(18%)
 0  0
 nicht verwendbar (außerhalb Tragezeit)  1.484
(67%)
 503
(42%)
 402
(40%)
 37
(3%)
 0
 nicht verwendbar (innerhalb Tragezeit)  56
(2%)
 139
(12%)
 86
(9%)
 0  201
(30%)
Mäntel          
 guter Zustand  1.583
(71%)
 868
(72%)
 950
(96%)
 565
(52%)
 457
(69%)
 reparaturbedürftig  378
(17%)
 308
(26%)
 297
(30%)
 88
(8%)
 35
(5%)
 nicht verwendbar (außerhalb Tragezeit)  349
(16%)
 129
(11%)
 168
(17%)
 146
(13%)
 4
(1%)
 nicht verwendbar (innerhalb Tragezeit)  106
(5%)
 0  50
(5%)
 75
(7%)
 83
(12%)
Tschakos          
 guter Zustand  1.744
(79%)
 667
(56%)
 996
(100%)
 729
(67%)
 494
(75%)
 reparaturbedürftig  144
(6%)
 231
(19%)
 237
(24%)
 23
(2%)
 2
(0,3%)
 nicht verwendbar (außerhalb Tragezeit)  382
(17%)
 430
(36%)
 170
(17%)
 121
(11%)
 0
 nicht verwendbar (innerhalb Tragezeit)  15
(1%)
 0  74
(7%)
 141
(13%)
 81
(12%)
Lagermützen ("Bonnets de police")
         
 guter Zustand  1.431
(64%)
 708
(59%)
 774
(78%)
 618
(57%)
 231
(35%)
 reparaturbedürftig  140
(6%)
 11
(1%)
 133
(13%)
 5
(0,5%)
 0
 nicht verwendbar (außerhalb Tragezeit)  508
(23%)
 513
(43%)
 304
(31%)
 84
(8%)
 0
 nicht verwendbar (innerhalb Tragezeit)  21
(1%)
 74
(6%)
 60
(6%)
 29
(3%)
 223
(34%)

Die Prozentangaben der "unter den Waffen anwesend" geführten Liste bezieht sich auf den Anteil zur Stärkeangabe. Bei den folgenden Mengenangaben wird immer der Prozentanteil zur Zahl der "unter den Waffen Anwesenden" aufgelistet. Der Begriff "Tragezeit" bezieht sich auf die per Dekreten vorgeschriebene Tragedauer der einzelnen Effekten.

Wohlgemerkt sind die hier aufgeführten Inventurzahlen beim Vergleich mit der Zahl der "unter den Waffen stehenden" Soldaten umso bemerkenswerter, wenn man sie in den Kontext der Gesamtstärke setzt. Neue Uniform- und Ausrüstungsstücke konnten also entweder nur vor Ort hergestellt oder mit neuen Soldaten herangeführt werden. Die oben erwähnten Bemühungen und Kommentare lassen aber darauf schließen, dass die französische Infanterie bei den Gefechten und Schlachten des Juni 1815 nur unzulänglich ausgestattet war.

Bemerkenswert ist die durchgängig abzulesende Unterversorgung mit Hosen und Unterhosen. Auch liest sich die Tendenz ab, dass nur etwa drei Viertel der Soldaten mit Tschakos ausgestattet war; diese Zahl ist ähnlich bei den Lagermützen. Es ist natürlich nicht davon auszugehen, dass ein Soldat überhaupt keine Kopfbedeckung hatte, d.h. besitzt er keinen verwendbaren Tschako, wurde er wohl sicher mit einer Lagermütze ausgerüstet.

Auch wenn hier nur die Zahlen von fünf Regimentern vorliegen, dürften diese Angaben eine Tendenz darüber abliefern, in welchem Zustand die französische Infanterie in den Feldzug von 1815 ging.

Weitere Informationen über die Französische Armee und Infanterie im Portal Napoleon Online
     
© Napoleon Online - Letzte Aktualisierung am 09.12.2022
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