Armeen
Home
Hansetruppen
1813-1815

Artikel aus der “Depesche” Nr. 25, von Hr. Dr. Friedrich Herrmann (mit Farbtafel)

Dank einigem (zweifellos zeitgenössischem) Material, das Herr Digby Smith vor längerer Zeit im Museum für Hamburgische Geschichte einsehen und fotografieren konnte, lassen sich auf dem Gebiet der Uniformen des hamburgischen Kontingents der hanseatischen Legion von 1813/14 einige neue Akzente setzen. Dieses Material besteht aus 9 in fotografischer Reproduktion zur Verfügung stehenden Blättern mit insgesamt 11 Figuren, von denen ich 5 der mir am interessantesten erscheinenden auf der beigefügten Farbtafel dargestellt habe. Angefügt ist dieser Reihe die Abbildung eines Offiziers der bremischen Reiter, die zwar schon veröffentlicht ist, aber doch wohl wenig bekannt sein dürfte.Fahne Hanseatische Legion Lübeck
Unser Wissensstand betr. die hamburger Uniformen der hanseatischen Legion von 1813/14, hauptsächlich beruhend auf zwei als durchaus zuverlässig anzusehenden Sekundärquellen, ist relativ umfassend. Er gründet sich einmal auf die Tafeln in Richard Knötels “Uniformenkunde” (I/10, II/46,II/47), zum anderen auf die Arbeiten Georg Schäfers in der “Zeitschrift für Heeres- und Uniformkunde” 1938, S. 97-102, sowie der “Neuen Folge” der “Uniformenkunde”.
Das von D. Smith vermittelte Material besteht zunächst aus fünf farbigen Einzelfiguren, offensichtlich von der gleichen Hand gefertigt und mit Bezeichnungen in deutscher Schrift versehen: “Infanterist 1813”, “Artillerist 1813”, “Infanterieoffizier 1813”, “Musiker 1813” und (zu Pferde) “Cavallerist 1813”. Alle Typen entsprechen mit dunkelgrünem Kaftan, Hosen und Mützendeckel sowie hellblauen Abzeichen und einigen gelben (goldenen) Ausschmückungen vollständig dem uns von R. Knötel und G. Schäfer vermittelten Bild der ersten Uniformierungsperiode, die einerseits durch äußerste Einfachheit und andererseits ganz betont durch russische Einflüsse gekennzeichnet war.
Besonders deutlich ist die Übereinstimmung der von D. Smith fotografierten Typen mit denen G. Schäfers in der “Neuen Folge”, so bei dem “Infanterieoffizier” mit einer S-förmigen Stickerei am Kragen und den beiderseits zwischen je zwei Knöpfen an der Brust herunterhängenden Schnüren nach Kosakenoffiziersart. Das gleiche gilt für den “Musiker” mit seinen geradezu zirkusmäßigen gelben Borten- und Fransenausschmückungen. Hier ist mit Sicherheit davon auszugehen, daß G. Schäfer die gleiche uns jetzt vorliegende Serie als Ouelle benutzt hat. Sie bleibt, da sie nichts Neues bringt, im folgenden unberücksichtigt.
Neben dieser soeben kurz angesprochenen Reihe von 5 Figuren umfaßt das von D. Smith aufgenommene Material zwei Blätter mit je 2 Reitertypen, gezeichnet mit “von der Reydt”, die dann doch mit ihren Besonderheiten merkliches Interesse beanspruchen. Sie bilden die Unterlagen für die Figuren F und C sowie D und E meiner Tafel.
Bei den nun zu erörternden Typen kann sich, da ja eine farbige zeichnerische Darstellung vorliegt, die Beschreibung auf solche Uniformteile beschränken, die besonders hervorzuheben sind oder zeichnerisch nicht deutlich genug herauskommen. Die Reihenfolge der zu besprechenden Figuren richtet sich nach der zeitlichen Zuordnung - also nach der ersten und zweiten Uniformierungsperiode der Hamburger - und weicht daher von der allein nach graphischen Erwägungen gewählten Figurenfolge auf meiner Tafel ab.

Erläuterungen zur Farbtafel (104 KB)

Figur F
Eine recht deutlich von dem bekannten knopflosen Kaftan abweichende Bekleidung läßt diese Darstellung eines offensichtlich der Kavallerie zugehörigen Offiziers erkennen. Als Oberbekleidung erscheint eine schoßlose, mit einer Knopfreihe versehene Jacke. Diese hat am Kragen nur eine einfache Borte, dafür aber auch hellblaue Aufschläge mit einer Stickerei. Die Schulterdekoration ist am ehesten als ein sehr schmales rotes, gelb/golden umrandetes Epaulett mit einem ganz kleinen Halbmond zu deuten. Das goldene Tressenbandelier ist auf dem etwas naiv gemalten Originalbild abnorm breit dargestellt, was ich auskorrigiert habe. Die hellblauen Doppelstreifen und die silberne, rot durchgezogene Schärpe entsprechen dem Bekannten. Besonders zu verweisen ist auf die Schirmmütze mit weißem Deckel - eine bei den Russen beliebte Variante - mit Band von Goldtresse. Die Originalfigur ist beritten. Das Pferd ist mit einer dunkelgrünen Überdecke nach dem Muster der französischen Jäger zu Pferd versehen, die eine breite goldene Randtresse, beiderseits hellblau vorgestoßen, aufweist.

Figur C
Auf dem gleichen Blatt wie Figur F erscheint, etwas im Hintergrund und teilweise durch das Pferd des Offiziers verdeckt, ein Trompeter. Ein solcher wurde m.W. bisher nicht veröffentlicht. Seine Uniform unterscheidet sich von denen der übrigen Kavalleristen durch einen Tressenbesatz am Kragen und den (hier hellblauen) Aufschlägen, Schwalbennester mit sich kreuzendem Bortenbesatz und anhängenden Fransen sowie gelb/goldene Sparren am Ärmel.  Nicht ganz eindeutig ist der Schnitt des Obergewandes (Kaftan?, schoßlose Jacke?), Knöpfe an der Vorderseite weist es jedenfalls nicht auf.

Figur D und E
Dieser Offizier und Trompeter in ähnlicher Anordnung wie auf dem vorgenannten “von der Reydt”-Bild sind fraglos der zweiten Uniformierungsperiode der Hamburger zuzurechnen. Vermutlich nach Beendigung des Feldzuges 1814 wurden die sicher weitgehend verschlissenen ersten sehr einfach und behelfsmäßig gestalteten Uniformen gegen solche von konventionellerem Stil ausgetauscht: an die Stelle des Kaftans trat das dunkelgrüne Kollett, die Schirmmütze wurde durch einen Tschako von der Form des damaligen geschwungenen russischen Kiwers ersetzt. Dies galt, und zwar mit roten Abzeichen, für die Infanterie, wohingegen die Fußartillerie die hellblauen Abzeichen beibehielt. Die reitende Artillerie wiederum erhielt eine völlig husarisch orientierte Uniform, wie wir sie hier bei den Figuren D und E sehen. Abgesehen von dieser allein bei der reitenden Artillerie getragenen Uniform weist auch eine artilleristische Hintergrundszene auf diese Truppe hin. Während die Mannschaftsuniform durch die Knötel-Tafel II/46 bekannt ist, kommt uns hier die Offiziers- und Trompeteruniform erstmalig zu Gesicht.
Bei dem als Figur D dargestellten Offizier ist besonders auf die im Wechsel von Rot und Gold geknüpfte Husarenschärpe, den hellblauen Schoitasch an der Hose, die viereckige, gold betreßte Satteldecke und die schwarzen, mit einem vierzackigen silbernen Stern verzierten Fellschabrunken zu verweisen. Wie auch bei Figur F ist das Kartuschbandelier merklich von Überbreite.
Der Trompeter (Figur E) unterscheidet sich von dem in der Uniformenkunde Bl. II/46 dargestellten Kanonier durch die betreßten Schulterklappen und die mit gerade verlaufenden Borten und Fransen versehenen Schwalbennester. Die roten und hellblauen Knoten der Schärpe erscheinen gegeneinander versetzt. Während bei der Knötelschen Darstellung (Quellenangabe “eine Lithographie”) ausdrücklich das Fehlen einer farbigen Satteldecke und das Vorhandensein grüner, blau gerändeter Schabrunken vermerkt sind, ist hier deutlich eine gelb-weiße Schaffelldecke mit hellblauen “Wolfszähnen” erkennbar. Der rote Stutz und Behänge sind hier kein Trompeterabzeichen, sondern nach dem russischen Vorbild der gesamten Artillerie gemeinsam.

Figur B
Diese Einzelfigur ist handschriftlich (in lateinischer Schrift) als “Artillerieofficier 1814” bezeichnet. Trotz der Schriftweise und der Verwendung des ‘..c..’ statt ‘..z..’ im Wort “Offizier” ähnelt die Manier sehr der eingangs erwähnten Fünferreihe, so daß wohl doch derselbe Autor anzunehmen ist. Truppengattung, Rang und Uniformperiode sind schon der Beschriftung zu entnehmen. Alle Uniformteile entsprechen dem 1814 vollzogenen Wechsel: Frack statt Kaftan, Epauletten als Rangabzeichen, Hut mit Busch -statt Schirmmütze, nur die S-förmige Kragenstickerei und die Schärpe wurden schon vorher getragen. Zu verweisen ist auf die hier spitzen statt wie bei den Mannschaften der Fußartillerie brandenburgischen Aufschläge mit goldener Schnureinfassung.
Auf einem neunten Blatt des von D. Smith übermittelten Materials erscheint ein Kavallerist in der bekannten Ulanenuniform der zweiten Uniformperiode, in dunkelgrüner Kurtka und Tschapka mit karminroten Abzeichen, die im Vergleich zu der Figur auf Tafel II/47 der “Uniformenkunde” nichts Neues bietet.

Figur A
Dieser Offizier der bremischen Reiter ist den “Beiträgen zur niedersächsischen Heereskunde” von Friedrich Schirmer entnommen und dürfte wenig bekannt sein. Die Mannschaftsuniform hingegen ist mehrfach dargestellt. Der Offizier weist die typischen Besonderheiten auf, die sich vornehmlich an den ersten Uniformen der hanseatischen Legion nach dem Muster der Kosakenoffiziersabzeichen fanden: die S-förmige Stickerei im Kragen und zu beiden Seiten zwischen Knöpfen an der Schulternaht und dem Kragen hängende Schnüre. Die Tresse am oberen Rand des Kopfteils der Tschapka, Tressen- statt Lederbandelier und Schärpe sind typische Offizierskennzeichen allgemeiner Art. Diese Figur weist bei Schirmer neben der Leib- noch eine Schulterschärpe auf, die ich, da zu verwirrend und im übrigen auch nicht so recht wahrscheinlich, fortgelassen habe.

Herrn Digby Smith sage ich meinen besten Dank für die Erlaubnis zur Veröffentlichung dieses Materials, Herrn Markus Gärtner für seine Erläuterungen anhand einer technisch günstigeren Ausfertigung der Fotos.