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Quellen
Tagebuch von 1813
April

1. Roslau. Die Russen und Preußen ließen hier eine Nothbrücke über die Elbe schlagen.
Paris. Napoleon ließ durch den Herzog von Bassano einen Bericht, oder Kriegserklärung, gegen Preußen publiciren.
Greifswalde. Ankunft von 7000 Mann Schweden.

2. Lüneburg. Die vereinigten russischen und preußischen Truppen unter dem General von Dörenberg, bestehend aus einem russischen Infanteriebataillon, einem Bataillon des Ostpreußischen Regiments und einem preußischen Husarenbataillon, nehmen den franz. General Morand mit seinem Corps von 200 Offizieren, 2500 Gemeinen, 12 Kanonen und 3 Fahnen gefangen. Er war von Stralsund bis hierher gezogen, wo ihn der General Dörenberg ereilte. Der General Morand starb nach einigen Tagen als Gefangener in Boitzenburg, und wurde mit allen Militärehren begraben. Der Moniteur vom 15ten d.M. berichtet hierüber unter andern folgendes: “Die Kanonade begann. Der Feind war genöthigt worden, mehrere Positionen zu verlassen, als Gen. Morand durch eine Kugel getödtet wurde. Das Commando ging auf einen sächsischen Obersten über. Die Truppen, über den Verlust ihres Anführers erschrocken, zogen sich in die Stadt zurück, und kapitulirten. Der Feind machte so 700 Sachsen und 200 Franzosen zu Gefangenen; ein Theil derselben wurde ihm wieder abgenommen.”
Wittenberg. General von Kleist rückt gegen diese Festung vor, und drängte heute die ersten franz. Posten, welche eine halbe Stunde von der Stadt standen, zurück.

3. Freyberg. Hauptquartier des Generals von Blücher.
Dessau. Es rückt die Avantgarde der russisch-preußischen Armee hier ein. Die Franzosen zogen sich nach Magdeburg.

4. Chemnitz. Hauptquartier des Generals von Blücher.
Leitzkau. Um zu verhindern, daß die preußische Artillerie diesen Ort nicht passiren könne, wurde derselbe von den Franzosen in Brand gesteckt. Von vier Batterien konnten drei sie noch umfahren. Die vierte mußte, mit der größten Gefahr für sich und für den Ort, wo 38 Gebäude in Flammen standen, mitten durch die brennende Hauptstraße. Es war das größte Wagestück, aber es gelang.
Bremen. Hier und in Wesel sangen die Franzosen ein Te Deum wegen des entschiedenen Sieges, den der General Morand bei Lüneburg über die russischen und preußischen Truppen erfochten haben soll. Er und sein Corps wurden, wie bekannt, gänzlich aufgerieben und gefangen genommen.
Copenhagen. Der Graf Moltke geht nach dem russischen Hauptquartier, und der Graf Bernstorf nach London ab.
Königsborn bei Magdeburg. Der Vicekönig von Italien erläßt aus seinem hiesigen Hauptquartier eine Proklamation an die Einwohner der durch französische Truppen besetzten Länder, und sagte darinnen: “Weiß es Europa nicht, daß vom Niemen bis nach Moskau, und von Moskau bsi an die Elbe, der Feind sich noch keines andern Erfolgs zu rühem hat, als das Berliner Cabinet zur Treuelosigkeit verleitet zu haben.?” Zuletzt werden Strafen dictirt für diejenigen, welche den Russen und Preußen anhängen möchten.

5. Möckern. Der General von York schlug hier die Franzosen, und nahm ihnen 900 Gefangene, 1 Kanone, 5 Pulverwagen und viele Gewehre ab. Der Moniteur vom 16ten sagt über dies bedeutende Gefecht: “Unsere Infanterie zeigte die gewöhnliche Unerschrockenheit, und der Feind wurde zurück getrieben.”
Boitzenburg. Der General von Dörenberg erließ eine Bekanntmachung an die franz. Generale, daß sie keine Gewaltthätigkeiten gegen die Bürger ausüben möchten, widrigenfalls er Repressalien an den Gefangenen nehmen würde.
Königsberg. Von den in Pillau Kapitulirten haben alle Deutsche und Holländer freiwillig Dienste genommen.

6. Breslau. Der ehemalige preußische, jetzt kaiserlich russische Staatsminister, Freiherr von Stein, traf hier ein. - Der König von Preußen erläßt ein Manifest an die Bewohner der ehemaligen, durch den Frieden von Tilsit abgetretenen preußischen Provinzen, und will, daß diese Provinzen wiederum als sein Eigenthum betrachtet werden sollen.
Rostock. Heute trafen hier die ersten Schweden ein.
Lüneburg mußte von dem General von Dörenberg wieder verlassen werden, und hierauf nahm Davoust die Stadt wieder in Besitz. Die Einwohner flohen zum Theil, und was da blieb, wurde sehr hart behandelt.
Wittenberg. Der franz. Gouverneur la Poipe läßt die Vorstädte abbrennen. Er ließ es nur einige Stunden vorher bekannt machen, und hatte noch einige Tage vorher den Bewohnern derselben die Versicherung gegeben, ihre Häuser sollten nicht abgebrannt werden. Es wurden gegen 210 Häuser in die Asche gelegt. Der Geniekommandant hatte genau bestimmt, wie weit der Brand gehen sollte, und die Bewohner flüchteten ihre Habseligkeiten nach einigen Häusern, welche stehen bleiben sollten; aber andere Offiziere ließen alles niederbrennen, und sagten zu ihren Soldaten: “Schonet nicht, brennt alles ab, die Wittenberger sind lauter preußische und russische Spitzbuben.” Bei dem Abbrennen selbst wurden die Thore der Stadt gesperrt, und kein Einwohner durfte den armen Vorstädtern zu Hülfe eilen.

7. Stettin. Die belagerten Franzosen machten nach Damm hin einen Ausfall, wobei die Preußen gegen 140 Todte und Verwundete bekamen.
Dresden. Der russische Commandant Heidecker machte einen Armeebefehl bekannt, daß die verbündeten Truppen nicht auf die sächsischen Truppen feuern sollten.

8. Dessau. Hauptquartier des Grafen von Wittgenstein.

9. Thorn, welches von den Russen bloß eingeschlossen war, wurde von heute an förmlich belagert und beschossen.
Lüneburg wurde von den Franzosen wieder verlassen, nachdem Davoust von neuem bedeutende Grausamkeiten ausgeübt hatte. Die Hanseaten besetzten hierauf die Stadt.

10. Rochlitz. Hauptquartier des Generals von Blücher.
Bremen. Der franz. General Vandamme übt hier unerhörte Grausamkeiten aus. Heute ließ er 24 Bürger erschießen.

11. Berlin. Wegen der Siege bei Lüneburg und Möckern wurde in allen Kirchen ein Dankfest gefeiert. Nachmittag um 4 Uhr wurden von den bei Lüneburg gemachten Gefangenen eingebracht 71 Offiziere, 2508 Unteroffiziere und Gemeine, und 8 Kanonen. Darunter war das sächsische Regiment Max, 1200 Mann stark. - Von den Gefangenen bei Möckern wurden 487 Mann eingebracht.

12. Breslau. Der König von Preußen erließ ein Edict, die Abberufung der in feindlichen Kriegsdiensten stehenden preuß. Unterthanen und den General-Pardon für dieselben betreffend.
Langensalza. Der preußische Major von Hellwig überfiel hier mit ungefähr 150 Mann 2000 Franzosen, und nahm ihnen 5 Stück Geschütz, 3 Wagen und einige 20 Pferde ab. Der Moniteur sagt nichts von diesem Verluste, sondern, die Preußen wären zurück getrieben worden.
Gotha. Preußische Husaren hoben hier einen franz. Gesandtschaftssecretair mit seinen Papieren auf. Der Moniteur bemerkt: der Secretair sey krank gewesen, und die Husaren hätten ihn mit Gewalt weggeführt.

13. Hamburg. Der Graf von Grote hat den Königl. Preuß. Gesandtschaftsposten bei den freien Hansestädten wiederum angetreten.
Chemnitz. Hauptquartier des Generals von Blücher.
Magdeburg. Die franz. Besatzung machte einen Ausfall von 1000 Mann, um einen Heuvorrath einzuschiffen und zu transportiren, wurde aber zurückgeschlagen, die Böte verbrannt und 58 Gefangene gemacht. Bei dieser Gelegenheit wurde die erste Haubitzenkugel von den Preußen in die Festung geschickt.

14. Aaken. Hier war die neue feierliche Huldigung des zum Herzogthum Magdeburg gehörigen Holzkreises, an den König von Preußen.

15. Altenburg. Hauptquartier des Generals von Blücher.
Hamburg. Ankunft des ersten Schiffs mit englischer Flagge.

16. Wittenberg. Die Gegend der abgebrannten Vorstädte dieser Festung wurde von den Preußen besetzt.
Haynau. Hauptquartier des Fürsten Kutusoff.
Thorn ergab sich an die Russen. Die franz. Truppen sind Kriegsgefangene und die deutschen wurden nach ihrer Heimath entlassen, mit dem Versprechen, nicht wieder gegen die Verbündeten zu dienen. Man fand 100 Franzosen, 400 Polen, 3500 Baiern und 200 Kanonen. Die Stadt hat durch das Bombardement vom 10ten zum 16ten außerordentlich gelitten, noch mehr aber durch die Franzosen.
Mainz. Ankunft Napoleons, um sich zu seiner Armee nach Erfurt zu begeben.
Stettin. Der Unterwiek und ein Theil des Dorfs Grabow wurde von den Franzosen abgebrannt. Das Feuer nahm, da ein starker Wind ging, dergestalt überhand, daß es das auf den daran stoßenden Holzhöfen aufgesetzte Stab- und Nutzholz ergriff, wodurch noch ein Verlust von 100,000 Rthlr. verursacht wurde.

17. Wittenberg. In der Nacht machten die Franzosen einen Ausfall, wobei ihnen aber 78 Gefangene abgenommen wurden.

18. Cuxhaven. Landung von 700 Engländern.

19. Dresden. Die zur russ. Hauptarmee gehörigen Truppen rückten heute mit großer Pracht ein.
Hof im Voigtlande. Ankunft von 30 Kosaken und 50 preußischen Husaren.
Weimar. Der Preußische Major von Blücher hat mit einem Commando Husaren die Avantgarde des franz. General Souham dreimal siegreich hier durchgeschlagen, und hatte bereits etliche und 30 Gefangene gemacht, als er wegen der Uebermacht sich wieder zurück ziehen mußte.

20. Altenburg. Das Herzogl. Weimarische, Gothaische, Coburgische und Hildburghausische Jägerbataillon, welches sich in Ruhla bei Eisenach den preußischen Husaren des Majors von Blücher auf Capitulation ergab, langte hier an, und trat sogleich in Königl. preußische Dienste.
Naumburg wurde von den Franzosen mit 10,000 Mann besetzt, und die franz. Armee concentrirte sich in der Gegend von Leipzig. Der Vicekönig von Italien stand mit dem linken Flügel an der Elbe und mit dem rechten am Harz. Der Marschall Ney in Erfurt, Marmont in Gotha, Bessieres in Eisenach, Bertrand in Coburg und Souham in Weimar.

22. Ottersberg und Rothenburg. Zwischen beiden Orten hatte die russische Avantgarde, unter Befehl des Oberstlieutenants von Benkendorf, ein Gefecht mit den Franzosen, wobei die Letzteren ihre Bagage, 100 Gefangene und mehrere hundert Todte und Verwundete verloren und in die Flucht geschlagen wurden.
London. In der Londner Tavern war heute unter dem Vorsitz des Herzogs von Sussex eine ansehnliche Versammlung von Kaufleuten und anderen, um eine Subscription zur Unterstützung der Deutschen bei der Wiederherstellung ihrer Unabhängigkeit zu Stande zu bringen. Gleich in der ersten Viertelstunde wurden von 113 Anwesenden 6000 Pfd. Sterling (ungefähr 36,000 Rthlr. oder 144,000 Franken) unterzeichnet.

23. Wanfried. Der preußische Major von Hellwig überfiel hier ein westphälisches Husarenregiment, wovon fast alles davon lief, so daß nur 32 Mann und 50 Pferde genommen werden konnten. Der Anführer, Oberstlieutenant von Göcking, ging zu den Preußen über.
Hamburg. Ein sächsisches Detaschement von 50 Mann mit einem Offizier, vom Corps des Generals Vandamme, ging zu den Russen über.

24. Dresden. Ankunft des Kaisers von Rußland und Königs von Preußen.
Delitsch. Hauptquartier des Grafen von Wittgenstein.
Copenhagen. Die Geschäftsträger am dänischen und schwedischen Hofe sind von ihren Höfen zurück berufen worden.
Dessau. Der russische Generalmajor d´Auvray erließ eine Aufforderung an die franz. Generale, daß sie gegen deutsche Bürger auf keinen Fall grausam handeln möchten, widrigenfalls er Repressalien an den Gefangenen nehmen würde. - Der Herzog von Dessau ist vom Rheinbunde abgegangen, nicht allein für sich, sondern auch als Vormund des minorennen Herzogs von Cöthen. Dafür mußte aber auch der Herzog späterhin schwer büßen, als nach den Bestimmungen des Waffenstillstandes ganz Anhalt wieder von den Franzosen besetzt. wurde.
Wien. Der mit einer besonderen Sendung in Paris gewesene Graf von Bubna kam zurück.
Mainz. Der Kaiser Napoleon geht Abends um 8 Uhr von hier nach Erfurt ab.

26. Spandau kapitulirte an die Preußen, nachdem die Citadelle fünf Tage lang beschossen und in der Stadt 60 bis 70 Häuser abgebrannt waren. Die Besatzung darf bis zu einem festgesetzten Termin nicht gegen Preußen und dessen Alliirte dienen. Man fand 118 Stück Geschütz, 40,000 Pfd. Pulver, 6000 Gewehre, eine große Anzahl Kugeln, 244 Offiziere, und 2985 Unteroffiziere und Gemeine. Zehn Offiziere und 189 Gemeine blieben krank zurück.
Erfurt. Ankunft Napoleons bei der Armee.

27. Coburg. Hier im Itzerthale hinter Coburg, und im Rücken der Franzosen, machte der preuß. Husaren-Lieutenant von Katte einen Streifzug, wobei er einen Adjudanten des Generals Bertrand einfing. Auch nahm er 2 Offiziere und mehrere Gemeine gefangen, und erbeutete einen Munitionswagen und eine Anzahl Pferde.
Chemnitz. In dieser Gegend ist jetzt die russische Hauptarmee.
Wettin. Bedeutendes und für die Preußen glückliches Gefecht mit den Franzosen. Der General von Kleist nahm den franz. Brückenkopf und rückte dann nach Halle.
Prag. Ankunft des Königs von Sachsen.
Lüneburg wird von den Franzosen unter Sebastiani besetzt.

28. Grimma. Hauptquartier des Generals von Blücher.
Halle. Die Franzosen griffen den General von Kleist mit 8000 Mann und 24 Kanonen an, wurden aber zurückgeschlagen, wobei jedoch die Vorstädte von Halle etwas gelitten haben.
Hamburg. Diesen Nachmittag kamen hier die ersten Truppen von der deutschen Legion, bestehend aus Infanterie, Jägern und Husaren, aus England an.
Bunzlau. Hier starb heute im 70sten Jahre der russische Fürst Kutusoff Smolenskoi.
Dresden. Der Graf von Wittgenstein ist zum Oberbefehlshaber aller Armee-Corps ernannt worden.
Altenburg. Von hier aus machte der General von Blücher bekannt, daß 500 Franzosen von Cüstrin einen Ausfall gemacht, aber von dem Landsturm gezwungen worden wären, die Waffen zu strecken.

29. Merseburg ist von den Franzosen mit 6000 Mann und 1500 Pferden besetzt. Zwei Bataillone alliirter Truppen wurden zurückgedrängt.
Cassel. Der König von Westphalen hat die Grafen Rudolph und Joseph von Westphalen für Landesverräther erklärt, indem sie bei den alliirten Truppen dienen, und im Rücken der französischen Truppen operiren.
Naumburg. Hauptquartier des Kaisers Napoleon.
Gotha. Bei der heutigen Durchreise Napoleons bat die Gattinn des bekannten und so sehr geachteten Schriftstellers, Hofrath Becker, um dessen Loslassung aus der Gefangenschaft, und selbige wurde bewilliget.

30. Halle. Die preuß. Truppen verließen diesen Platz und zogen nach Leipzig. Einige Stunden nachher warfen sich die Franzosen wieder hinein.
Gohlis bei Leipzig. Hauptquartier des Grafen von Wittgenstein.