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Rezension : Brand von Moskau 1812 (A. Muhlstein)

 

Titel

Der Brand von Moskau - Napoleon in Rußland

Autor(en)

Anka Muhlstein

Verlag, Umfang

Insel Verlag 2008 - 323 Seiten, 16 Farbabbildungen, 1 Karte
ISBN 978-3-458-17391-5

Rezension

Rechtzeitig zum Start des ZDF-Vierteilers "Krieg und Frieden" brachte der renommierte Insel Verlag die deutsche Übersetzung eines Buchs über den Rußlandfeldzug Napoleons aus Sicht seiner Protagonisten heraus. Es stammt aus der Feder der französischen Historikern Anka Muhlstein, die schon zahlreiche historische Biographien herausgebracht hatte und auch Preisträgerin des Prix Goncourt, der höchsten Auszeichnung für Literatur in Frankreich, ist.

Der Anspruch Muhlsteins liegt in einer spannenden und möglichst authentischen Darstellung des Feldzuges aus Sicht sowohl der Agierenden - also der Generalität - als auch der einfachen Soldaten. Ein Blick in die Bibliographie findet daher neben den "einschlägig Verdächtigen" wie Bourgogne, Caulaincourt, Coignet, Marbot und Segur auch die seltener beachteten Erinnerungen und Korrespondenzen von u.a. Alexander I., Eugène de Beauharnais, Bennigsen, Berthèzene, Brandt, Buturlin, Chlapowski, Davidov, Fezensac, Griois, Labaume, Lejeune, Metternich, Montesquiou, Rapp, Roos, Soltyk und Tschitschagow. Auch modernere Analysen des Rußlandfeldzuges mit Fokus auf zeitgenössischen Berichten, wie die Trilogie von Paul Britten Austin oder das hier bisher noch kaum beachtete Werk des Polen Adam Zamoyski finden sich in der Literaturliste.

Das solide Quellenstudium macht sich im gesamten Text - und den leider zu wenigen - Fußnoten bemerkbar. Muhlstein kann vom Leid der Soldaten berichten, beschreibt sehr eindrucksvoll deren alltägliches Erleben - und gibt bspw. die richtige Schrittsequenz des Exerzierreglements der Französischen Armee an. Allerdings kann Muhlstein ihre frankozentrische Sicht - trotz der angebenen Erinnerungen von Russen und französischen Emigranten - nicht verbergen.

Anka Muhlstein ist keine Expertin der Militärgeschichte und zeigt daher Schwächen in der Beurteilung strategischer Pläne und Maßnahmen; auch scheint ihr Verständnis für die Handlungen Napoleons etwas zu einseitig durch. Durch ihre Erfahrung mit Biographien von Herschern und Herrscherinnen gelingt ihr jedoch eine einfühlsame Betrachtung der über das Militärische hinausgehenden Intentionen Napoleons und Zar Alexanders.

Die Stärke dieses Buchs liegt im informativen, den Leser aber trotzdem packenden Stil, mit dem sie diesen auf eine Zeitreise in die Vorbereitungen und den Vormarsch nach sowie der Einnahme von Moskau nimmt. Ihre Betrachtungen der für Napoleon ausweglosen politischen Situation schon früh nach dem Einmarsch, als er eigentlich mit jeder Entscheidung nur verlieren konnte, sowie seiner auferzwungenen Inaktivität in Moskau zählt zum Besten, das in neuerer Zeit erschienen ist. Ihre Einfühlsamkeit in politische Handlungsprozesse, die sich auch bei ihrer Betrachtung der russischen Ratio bemerkbar macht, kompensiert ihre Schwäche für strategische und taktische Zusammenhänge.

Dem Insel-Verlag ist es zu verdanken, dass mit diesem Werk seit langem wieder ein Buch auf Deutsch verfügbar ist, das sich aus Sicht der Teilnehmer mit dem Rußlandfeldzug beschäftigt. Es ist daher als würdiger Nachfolger des nur noch antiquarisch zu beziehenden Buchs "Napoleons Rußlandfeldzug in Augenzeugenberichten" von Eckard Kleßmann aus dem Jahr 1964 (Taschenbuch 1972/1982) anzusehen.

Rezensent

Markus Stein

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© Napoleon Online - Letzte Aktualisierung am 16.03.2008
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