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Franz. Armee
Abschnitt VII

“Aber die leichte Infanterie der Franzosen, ihre Scharfschützen, Jäger, Tirailleurs, diese sind, sagt man, die Ursache des französischen Waffenglücks!” - Diese Angabe, da sie eine der gewöhnlichsten ist, erfordert eine genauere Beleuchtung.

Die Waffenart der leichten Infanterie existirte in den ersten Feldzügen unter dem Nahmen der Jäger zu Fuß, aber sie genoß nicht bei der Armee, - da diese den Dienst derselben kannte, weil sie, wie schon gesagt worden ist, ihn selbst verrichtete, - eines ausgezeichneten Zutrauens. Die alten Bataillone dieser Jäger waren, wie alles andere in Frankreich, entweder umgeschmolzen, oder, um besser zur reden, vernichtet worden, und mit Bedauern erinnerte man sich der Jäger der Cevennen, der Jäger des Gevaudan, der Jäger von Corsica, welche als wahrhafte Schützen, und geborne Jäger, von Alters her eines ausgezeichneten Rufs genossen. Eben so betrachtete man in den ersten Feldzügen die österreichischen Scharfschützen mit Achtung, weil sie täglich Beweise von ihrer Geschicklichkeit ablegten. Die Tyroler Scharfschützen und die Jäger von Leloup, so wie auch die preußischen Fußjäger, aus Jägerburschen vom Handwerk gezogen, welche ihren Mann scharf aufs Korn zu nehmen verstanden; die Rothmäntel und Croaten, welche auf dem Bauch oder auf dem Rücken liegend, ihre Kugel pfeifen ließen, waren wie ganz geschickte Leute angesehen, denen die französische Armee nichts Aehnliches entgegenzustellen hatte. Die Franzosen veränderten zuerst das bisher angenommen gewesene Verhältnis der Jäger zu den Armeen, weil die Revolution für den Umgang ihrer Armee ein ganz anderes Grundverhältnis eingeführt hatte. Vierzehn Bataillons leichter Infanterie, die in den ersten Zeiten organisirt wurden, und ein Menge sogenannter Frei-Compagnien, von Städten und Departements errichtet, wurden zuerst für den Vorpostendienst bestimmt, und um als Tirailleurs und Flankeurs gebraucht zu werden. Aber nach und nach wuchs diese Waffe mit der Zunahme der Linienarmee an, und zuletzt bestand sie reglementsmäßig aus 31 Regimentern, jedes von 3 Bataillonen, welche auf dem completten Fuß 100, 130 Mann ausmachten. Die kriegführenden Mächte glaubten nunmehr ihre Jäger zu Fuß auch vermehren zu müssen, um den Franzosen das Gleichgewicht, zu halten und das Verhältnis dieser Waffenart zur Armee, glaubten sie, müsse bis zum vierten, ja wohl gar bis zum dritten Theile derselben gehen.

Aber diese leichte Infanterie der Franzosen zeichnet sich gewiß durch eine Organisation aus, die ihrem Nahmen und dem Zweck ihrer Anstalt entspricht? Wie ist ihre Bewaffnung, Kleidung und die Art ihrers Unterrichts beschaffen? .... Die Bewaffnung des Jägers, oder leichten Soldaten besteht in derselben Flinte, welche der Soldat von der Linien-Infanterie trägt, 4 1/2 Fuß lang, und 11 bis 13 Pfund schwer mit dem Bayonnett; die Patrontasche ist, was die Form, das Gewicht und die Art sie zu tragen betrifft, bei beiderlei Soldaten dieselbe. Aber der Jäger ist außerdem mit einer Waffe beschwert, welche ihre Unbequemlichkeit und Unnützlichkeit wegen, weit langer Zeit bei der Infanterie verbannt war und es seit der Revolution auch geblieben ist; diese Waffe ist das Seitengewehr. Zwar kann es bei Gelegenheit dem Jäger, welcher einzeln ficht, von Nutzen werden, auch kann es ihm in verschiedenen Lagen, in welche die Natur seines Dienstes ihn versetzt, als Werkzeug dienen, aber der Soldat der leichten Infanterie wird doch dadurch schwerer, als der Soldat von der Linie es ist. Er trägt wie dieser sein Tournister, er ist, der Vorschrift gemäß, eben so wie dieser verbunden, verschiedene Lager- und Küchengeräthschaften zu tragen. Leicht könnte man den Jäger in Vergleichung mit dem Linien-Infanteristen nur nennen, weil er eine halbe Elle Tuch weniger an den Schößen seines Rocks trägt, als jener; oder etwa, weil er mit dem ungrischen Schakot, welcher weniger unbequem ist, als der zweckwidrige dreieckige Hut des französischen Infanteristen, am Kopfe bedeckt ist; oder weil seine Stiefeletten nicht bis an’s Knie, wie die des letzteren, hinaufgehn. - In Betreff des Unterrichts, den der Jäger empfängt, unterscheidet er sich noch weniger vom Infanteristen, als durch den Schnitt von Rock und Stiefeletten. Die leichte Infanterie wird in drei Gliedern aufgestellt und exercirt in jeder Rücksicht, wie die Infanterie der Linie. Man läßt bisweilen zum Zeitvertreib den Linien-Infanteristen, wenn er in Garnison liegt, nach dem Ziel schießen; der Jäger schießt auch nach dem Ziel, aber nicht viel öfterer als jener; die Regel ist vier Mal im Jahre, aber wenn nun nicht Monate, nicht Wochen zur Bildung des Jägers vorhanden sind, so genießt er selbst dieses unbedeutenden Unterrichts nicht; gewöhnlich geht er zur Armee ab, mit so wenig Vorbereitung als der Infanterist von der Linie. Er erhält weder anderes Pulver, noch andere Patronen als dieser, weil Flinte und Caliber dieselben sind. Zu jedem Jäger-Bataillon gehört eine sogenannte Karabinier-Compagnie, welche für dasselbe das vorstellt, was bei der Infanterie die Grenadier-Compagnie ist. Diese Karabinierer tragen, wie die Grenadiere, die unbehülfliche Bärenmütze. Sie sind mit gezogenen Flinten, oder Karabinern bewafnet, aber diese Auszeichnung macht sie nicht zu guten Schützen, denn sie werden nach Wuchs und Größe ausgesucht. - Mit Einem Wort, es ist schwer, in der Organisation, in der Unterrichtsweise, und im Schießen der französischen leichten Infanterie eine ausgezeichnete Ueberlegenheit über diese Waffenart bei andern Mächten zu entdecken. Das, was man im Auslande mit dem Nahmen Tirailleur bei den Franzosen bezeichnet, sind nicht Scharfschützen, sondern Plänkler, Flankirer, und ihr Verdienst scheint mehr persönlich zu seyn, als der Verfassung der Waffenart zu gehören. Diejenigen, welche französische Jäger einzeln haben fechten sehen, kommen darin überein, daß sie auf dem Terrain viel Einsicht und Gewandtheit zeigen, daß sie im Gefecht mit einer Zuversicht antreten, und nach den Umständen Standpunkt und Körperstellung mit einer Geschicklichkeit zu verändern wissen, welche nur durch eine lange Uebung erlangt werden kann. Der Krieg hat sie gelehrt die Jagd auf den Menschen zu machen, wie der Jäger sie auf das Wild macht, mit eben den Vorsichtsmaaßregeln, Kunstgriffen, Listanschlägen und Verfänglichkeiten. - Die leichte Infanterie der Franzosen hat an den Vortheilen, die die Armee erhält, in dem Verhältnis Antheil, als sie dem Geist des angenommenen Kriegssystems würkt, und von diesem trägt sie alle Eigenschaften an sich, aber man irrt sich, wenn man ihn ihr ausschließlich beimißt. Das Tirailliren macht nicht das System aus, wie man es oft behauptet hat, sondern es begleitet dasselbe, und bei einer ihrer Natur nach leichten Armee, wo jeder Soldate gewissermaßen Tirailleur oder leichter Plänkler ist, kann der Soldat, dem dieser Ruhme eigenthümlich ist, kein ausgezeichnetes Uebergewicht haben; jeder ist durch die That, was der Nahme aussagt. Die reitenden Chasseurs haben nur den Nahmen von Jägern; Schießen ist ihre Sache nicht; es sind leichte Plänkler zu Pferde, von Husaren nur in Kleinigkeiten des Anzuges unterschieden.

Seit Kurzem sind bey der französischen Armee Voltigeurs eingeführt worden; diese machen die Tirailleurs im wahren Sinne des Worts aus, und jedes Regiment leichter Infanterie hat drei Compagnien derselben. Diese Voltigeurs sind Menschen, welche wegen ihrer kleinen Statur, wegen ihrer breiten Schultern, wegen ihrer Leichtigkeit und ihres musculösen Körperbaues zu diesem Dienst ausgesucht werden; sie müssen im Stande seyn, einem Pferde im Trabe, während einiger Zeit zu folgen, uns sie lernen sich mit Einem Sprunge hinter einen Reuter auf’s Pferd zu schwingen, wovon sie auch den Nahmen tragen. Sie sind mit guten Karabinen bewaffnet, welche ihrem Wuchs und Dienst durch ihre Kürze und Leichtigkeit angemessen sind. Man hat nicht gehört, daß diese Waffenart bis jetzt besondere Vortheile gewährt hätte, allein es scheint doch, daß sie sie durchaus gewähren müsse, weil sie das Tirailleurwesen sehr vervollkommnet, indem sie leichte Infanterie mit Cavallerie, welche so oft ihre gegenseitige Unterstützung brauchen, glücklich vermischt. Diese Einrichtung ist die systematische Anwendung einer bey mehreren Armeen üblichen Verfahrungsart; so sahe man bei den Oesterreichern Tyroler Scharfschützen hinter Husaren oder Uhlanen aufsitzen, welche mit ihnen ien den Vorpostenscharmützeln angriffen oder sich zurückzogen.

Kurz, wenn man jede Waffenart bei den Franzosen, Linieninfanterie, Artillerie, leichte Infanterie, für sich betrachtet, so entdeckt man keine ausgezeichneten, der Gattung eigenthümlichen, Vorzüge, weder im Unterricht, noch in der Bewaffnung, noch in der Art die Waffen zu gebrauchen, und man kann nicht, ohne einseitig zu seyn, einer einzelnen die von den Franzosen erhaltenen Vortheile beimessen. Aber, außer daß jede Waffenart, unter der Hand derer, die das Ganze leiten, vollkommen im Geiste des Systems würkt, so stellt jede Waffenart der Franzosen einzeln genommen, derselben Waffenart ihrer Gegner dasselbe Verhältnis in Betreff der Anzahl entgegen, welche die französische Armee im Ganzen gegen jede einzelne Armee aufstellt; und was sehr in Anschlag zu bringen ist, eine jede der Waffenarten der Franzosen tritt mit der Zuversicht und der Kriegsgewohnheit auf, welche sie durch eine fast zwanzigjährige Praxis erlangt hat; und dies ist eine Ueberlegenheit, welche durch keine Theorie oder Wissenschaft bei denen, die sie nicht erworben haben, aufgewogen werden kann. Diese Praxis ist es, die den französischen Generalen den Blick des Terrains gegeben hat, der mit Augenblicksschnelle jede Waffenart auf den Punkt stellt, der sie braucht, und der den Offizier wie den Soldaten in den Stand setzt, seine ganze Fähigkeit auf demselben nützlich zu seyn, zu entwickeln.

Französische Schriftsteller endlich, officielle und nicht-officielle, haben oft den Gebrauch des Bayonnets als die Stärke ihrer Nationaltaktik aufgestellt. Ueber das Bayonnet ist von jeher viel gesagt worden, aber der Werth oder Unwerth dieser Waffe ist immer noch nicht entschieden, weil Thatsachen für, und andere wider dasselbe zeugen. So hat man Beispiele, daß Infanterie mit dem Bayonnet-Angriffe der Cavallerie von sich wies, man weiß aber auch, daß Cavallerie in Infanterie, ohngeachtet der Bayonnette, eingebrochen hat; Infanterie mit dem Bayonnet hat Infanterie, welche schoß, überwältigt, und eben so hat der umgekehrte Fall statt gefunden. Eine etwas ins Allgemeine gehende Untersuchung über diese Waffe möchte hier wohl nicht am unrechten Orte stehen.

Das System des Feuergewehrs ist das System der Gefechte aus der Ferne; es schließt den persönlichen Kampf, wo die Streitenden sich mit ihren Waffen abreichen können, aus. Daher liegt der Gebrauch des Bayonnets eigentlich außer dem Gebiet der jetzigen Art Krieg zu führen. Daher werden Feuergewehre, gut gebraucht, gegen schneidende Waffen, sollten sie auch noch so vortreflich geführt werden, immer das Uebergewicht haben; denn jene können vernichten, ehe diese zu würken im Stande sind. Von zwei gleich tapfern und krieggewohnten Heeren, wovon das eine mit schießenden Flinten, das andere mit Bayonnet oder Säbel ficht, muß ersteres das Feld behalten, weil es in der Natur der Sache liegt, in der des fern würkenden Geschosses, gegen das, welches nur in der Nähe zu gebrauchen ist. So geschah es, daß die Preußen bei Chotusitz, mit dem wahren Gebrauch ihrer Flinten vertraut, die ungarischen Bataillone, welche mit dem Säbel in der Faust auf sie einrückten, Gliederweise zu Boden streckten. Aber, wenn auch das Fernwürken dem Feuergewehre nicht das Uebergewicht gebe, so ist das Bayonnet, wenn es auf den persönlichen Kampf ankommt, ein an und für sich unbequemes, unbehülfliches Instrument, und wird unter den blanken Waffen, oder Fechtwaffen, eine sehr niedrige Stelle einnehmen. Bei der französischen Armee gilt es für eine blanke Waffe aus einem ganz andern, als taktischen Grunde, nehmlich: da ihre Musketiercompagnien keine Säbel tragen, so ist es bei ihnen eingeführt, ihre persönlichen Händel mit dem Bayonnet, welches sie von der Flinte nehmen, und bei der Dille statt des Griffs halten, auszumachen. Aber so unbehülflich diese Waffe alsdann ist, so ist sie es doch noch weit mehr, wenn sie, auf der Flinte befestigt, zum persönlichen Kampf dienen soll, ihre Länge, ihre gebrochene Würkungslinie und der Bau der Flinte macht sie dazu unfähig. Wenn der Zweikampf mit blanken Waffen für unser jetziges Kriegssystem paßte, so würde man dazu ein ganz anderes Instrument, als das Bayonnet, einzuführen haben. - Es fragt sich jetzt: was ist das Bayonnet, in Reih und Glied? - Die Franzosen haben in ihren Ordonnanzen ein Exerciertempo, welches unter dem Commando: Bayonnet vorwärts, gelehrt wird. Der Soldat stemmt den Gewehrkolben mti der rechten Hand gegen die rechte Hüfte, und, indem er den Lauf der Flinte mit der Linken unterstützt, hält er das Bayonnet auf die Gürtel- oder Brusthöhe eines Mannes vorwärts. Mehr als dieses Vorhalten lehrt das Reglement nicht, und in der Voraussetzung seiner Unwiderstehlichkeit, wird weiter keine einzige Bewegung mit dem Bayonnet, weder zum Angriff noch zur Vertheidigung, vorgeschrieben. Aber rennt man mit vorgehaltenen Spitzen eine Linie Menschen um, wie man etwa eine Reihe aufgestellter Holzblöcke mit Brechstangen umwerfen würde? Menschen erwiedern oder vertheidigen sich. Das Exerciertempo besteht nur in Einem Stoß, welcher nur einen Augenblick währt; ist dieser vorüber, dann wird das Gefecht persönlich, der Kolben, oder die Arme müssen den Ausschlag geben. Das Bayonnet ist also nur für den Augenblick da, der dem persönlichen Kampf vorhergeht, und das Tempo ist vorüber, so bald dieser begonnen hat. Also wäre, wenn diesem Allem so ist, der Ruf, welchen das Bayonnet sich erworben, unverdient? In Beziehung auf die Nützlichkeit der Waffe, als tödtenden Instruments, ist er es wohl, denn die Ehre, die ihm widerfährt, gebührt dem, der sich entschließt, sie zu brauchen. Die Armee, die das Bayonnet liebt, ist gewiß tapfer und zu großen Dingen berufen. Der Entschluß, sich eines außerordentlichen, ganz außerhalb der Schießtaktik liegenden Mittels zu bedienen, ist das, was den, der das Bayonnet führt, furchtbar macht. Er hat das Aeußerste ergriffen und zeigt sich dem Gegner auf alles gefaßt. Dieser wartet die Ankunft des Entschlossenen gewöhnlich nicht ab; ihn überwältigt die Demonstration. Hätte dieser dagegen die Entschlossenheit, den Angreifenden festen Fußes zu erwarten, oder ihm entgegen zu gehen, so würde ihm das Uebergewicht bleiben; nur die größere Entschlossenheit entscheidet.

Bei den Franzosen ist das Bayonnet häufig zur Sprache gekommen; die Verfahrungsart, die mit dieser Waffe verbunden ist, mußte einer Armee willkommen seyn, welche bey wenigem Unterricht viel Beweglichkeit hat, und welche mit einer großen Ungeduld im Charakter viel Hitze in ihren Unternehmungen verbindet, udn bei welcher eine Theorie des Unmöglichen, auf die Anzahl gegründet, bestand. Jene Worte des Generals im Regierungs-Comite [siehe hier] haben sich unaufhörlich bestätigt. Aber im eigentlichen Sinne des Worts ist durch das Instrument, welches Bayonnet heißt, bei weitem nicht so viel gewirkt worden, als dadurch, daß man Entschlossenheit hatte, mittelst desselben da anzufangen, wo andere aufgehört hätten. Was die französischen Kriegsberichte von dem Bayonnet rühmen, besteht nicht selten in gewissen Kunstredensarten, die man, um sie auf ihren wahren Gehalt zurückzubringen, in die gewöhnliche Sprache übersetzen muß. Wenn es heißt, man habe den Feind mit aufgepflanztem Bayonnet (“la bayonnette au bout du fusil”) angegriffen, oder man habe ihn verfolgt mit dem Bayonnet, ihm in die Seiten gesetzt (“la bayonnette dans les reins”); dies will eigentlich sagen: man habe angegriffen, ohne zu schießen; man sey dem Feinde auf dem Fuße nachgefolgt, ohne sich mit dem Schießen aufzuhalten. Vom wirklichen Aneinandertreffen ist hier keine Rede, und der persönliche Kampf ist nur selten eingetreten. Unter den Generalen Kellermann und Massena marschirten die französischen Grenadiere mit bloßen Flinten auf die Schanzen der Piemonteser los und nahmen sie, und seit jener Zeit sind so manche Festungen erobert worden, ohne daß andere Waffen, als Flinten, unter ihren Mauern erschienen wären. Aber es wäre lächerlich gewesen, wenn man gesagt hätte, daß die Schanzen und die Festungen mit dem Bayonnet genommen worden sind, denn man spießt nicht Bastionen und Wälle mit Bayonnetten auf, wie man es von Menschen zu verstehen geben will. Mit Einem Worte; bis jetzt hat man wohl manche Armee mit dem Bayonnet zum Angriff anrücken, manche auf eine solche Drohung zurückgehen gesehen, aber es wäre merkwürdig, zwei Armeen, gleich schlaglustig, gleich geschickt und gleich tapfer, gegen einander rücken zu sehen, in der aufrichtigen Absicht, mit dem Bayonnet ihren Streit auszumachen; noch nie ist ein allgemeines Treffen auf diese Weise geliefert worden; wäre dies möglich, so würde man das Feuergewehr abschaffen; der Krieg würde seine ganze Natur verändern, und die Schlachten würden werden, was sie ehemals waren: Handgemenge. Die Entschlossenheit, ein außerordentliches Mittel anzuwenden, ist es, was dem Bayonnet seinen Ruhm und bei den Franzosen seine Wichtigkeit verschaffte.

Da es nöthig ist, jede Täuschung zu zerstören, so ist hier noch eine Angabe anzuführen, nach welcher das Kriegsglück der Franzosen seinen Grund haben soll - wer sollte es wohl glauben? - in der Trunkenheit. Diese Behauptung gründet sich darauf, daß man in einigen Vorpostengefechten Franzosen vom Getränk erhitzt gefunden hat. Wer jemals im Kriege gewesen ist, weiß, daß der Soldat, der zu den ersten Angriffen gebraucht wird, bisweilen Gelegenheit findet, sich Lebensmittel und starke Getränke zu verschaffen; wenn er die letztern misbraucht, so hat er unrecht, aber er ist wegen der Seltenheit solcher glücklichen Veranlassungen, und wegen der Größe der Gefahr, die ihn unaufhörlich mit dem Verlust alles Genusses auf immer bedroht, zu entschuldigen. Der Mensch, der stets dem Tode gegenüber steht, sieht jeden Augenblick des Lebens als den letzten an. Nur die Unwissenheit und die Leidenschaft können aus dieser so natürlichen Erscheinung gegen die Armee, bei welcher sie statt hat, einen Anklagpunkt machen. Man muß wissen, daß keine Armee hierin eine Ausnahme machte. Dagegen aber weiß auch der Mann vom Handwerk, daß es unmöglich seyn würde, eine ganze Armee methodisch zu berauschen, weil es keine leichte Aufgabe ist, auf einem Schlachtfelde einen Vorrath starker Getränke bereit zu haben, mit welchem man dreißig oder vierzig tausend Köpfe erhitzen könnte, und die ordnungsmäßige Austheilung derselben im Augenblick vor der Schlacht zu veranstalten. Aber er weiß auch am besten, daß eine trunkene Armee keine Armee mehr wäre, weil sie nicht mehr zu lenken und zu keiner Unternehmung mehr tauglich seyn würde. Wenn das Mittel zum Siege im Wein oder Branntwein besteht, nun warum haben dann die Gegner der Franzosen es nicht schon seit langer Zeit angewandt? Und glauben sie aufrichtig, daß ein fast fünfzehn Jahre hindurch sich treugebliebenes Kriegsglück die Wirkung der Trunkenheit gewesen sey? ..... Der französische Soldat soll im Felde eine Portion Branntwein erhalten, aber diese Portion, die ihm als ein heilsames Präservativ zugetheilt wird und nur auf seinen Magen berechnet ist, beträgt nicht viel über einige Fingerhüte, und ist viel zu unbedeutend, um seinen Kopf in Feuer setzen zu können. Außerdem wird diese Portion nie mit Regelmäßigkeit ausgetheilt, und unter den Entbehrungen, die der Soldat zu ertragen hat, befindet sich auch die, daß er seine Portion Branntewein nur aus dem Feldreglement kennt. - Die Logik des Pöbels, er sey gemein oder vornehm, ist allenthalben dieselbe. In Frankreich hat die Unwissenheit und die Eigenliebe auch oft die einzelnen Vortheile der Feinde dem Getränke zugeschrieben. Was hat der Partheigeist nicht Alles den Armeen gegenseitig zur Luft gelegt! Man öffne die Zeitblätter: jede Parthei hat dort ihrer Erbärmlichkeit sprechende Denkmale gesetzt!