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Stabsoffizierkorps der k.k. Husaren 1792-1815

 

Gesellschaftliche Mobilität

Gábor Hertelendy von Hertelend
Gábor Hertelendy von Hertelend
K.K. Feldmarschall-Leutnant (7.9.1742 - 16.6.1820)
1800 bis 1808 Oberst und Kommandeur des k.k. Palatinal Husarenregiment Nr. 12
(aus: Vasárnapi Újság 1870/8, Seite 93)

In der Reihe der die wichtigsten Charakteristika des Husaren-Stabsoffizierskorps vorstellenden Kapitel wurden schließlich die gesellschaftliche Zusammensetzung bzw. als Folge der Analyse dieser die gesellschaftliche Mobilität auf Grund der Militärlaufbahn untersucht. Auch aus den bisherigen Feststellungen ging hervor, dass das Husaren-Stabsoffizierskorps, das sowohl in der Armee, als auch in der Gesellschaft ein bedeutendes Prestige hatte, auch hinsichtlich seines sozialen Ursprungs keine homogene Einheit bildete. Nicht überraschend ist jedoch, dass beinahe alle von ihnen aus dem Kreis des Adels stammten, was bereits von der früheren Fachliteratur als Tatsache gehandelt wurde. Nach einer gründlicheren Analyse stellt sich jedoch heraus, dass das Husaren-Stabsoffizierskorps zum Großteil doch nicht aus den Mitgliedern der alten Adels- oder Aristokratenfamilien bestand. Das Bild wird nämlich auf jeden Fall nuanciert, wenn wir den Zustand bei der Geburt bzw. den familiären Hintergrund untersuchen. Auf diese Weise erhalten wir auch Einblick in den Prozess der gesellschaftlichen Mobilisierung, die sich oftmals im Laufe der Tätigkeit mehrerer Generationen verwirklicht.

Auf Grund der Probe von 256 Mann stellte sich dem Zustand bei der Geburt zufolge heraus, dass von den späteren Adeligen 20 Mann (7,8%) gemeiner Herkunft waren. Von ihnen erlangten 11 Mann (4,3%) selbst ihren Adelsstand, 9 erhielten diesen dank eines Verwandten, zumeist dank des Vaters, zusammen mit diesen. Charakteristischer Weise war ein Großteil der Letzteren, 7 Mann, der Sohn eines Offiziers, wobei der Vater in jedem Fall auf Grund von militärischen Verdiensten sich selbst und seiner Familie einen Adelsstand erwarb. Es gab nur 2 Mann, deren Väter sich auf dem Wege einer Beamtenlaufbahn den Adelsstand verdient hatten.

Im Vergleich zu den in den Adelsstand Erhobenen zeigt sich bei der Untersuchung der Gruppe mit einem Freiherr-Titel eine weitaus größere Mobilisierung. Grund dafür ist vermutlich, dass sich der Stabsoffizierskorps von vornherein hauptsächlich aus Adeligen zusammensetzte, für die neben dem Erreichen des Stabsoffiziers- oder Generalsrangs die Erlangung des Freiherr-Titels einen Schritt nach oben in der Gesellschaft darstellte.

Bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass weniger als die Hälfte der 61 Freiherren, lediglich 27 Mann (44,26%) ihren Titel geerbt hatten, die verbleibenden Personen erhielten diesen bereits zu Lebzeiten. Von diesen 34 Mann erhielten 10 dank der Verdienste eines Familienmitglieds (zumeist des Vaters, Onkels oder älteren Bruders) den Titel, viele noch als Kind. 24 Mann (39,3% der Freiherren) jedoch erlangten den ziemlich vornehmen Titel dank ihrer eigenen Verdienste, nämlich ihres Heldenmuts.

Sándor Illéssy
Sándor Illéssy
K.K. Feldmarschall-Leutnant (9.3.1768 - 23.4.1832)
1809 bis 1815 Oberst und Kommandeur des k.k. Palatinal Husarenregiment Nr. 12
(aus Vasárnapi Újság 1869/41, Seite 551)

All dies, also die verhältnismäßig größere Möglichkeit des sozialen Aufstiegs, war für die Soldaten neben der herausragenden Tapferkeit und natürlich neben dem Glück zu einem bedeutenden Teil auch Maria Theresia zu verdanken. Sie unterstützte – auch infolge der Erfahrungen der dynastischen Kriege, die mit schwerwiegenden Opfern einhergingen – neben der Herkunft nunmehr auch in großem Teil das Avancement-System der Soldaten auf Grundlage der Leistung und Eignung. Zugleich ermöglichte sie auch den aus den unteren Schichten stammenden, hierzu würdigen Offizieren, dass sie auch im Rahmen der traditionellen Ständegesellschaft eine Position mit einem Prestige einnehmen können, die ihrer Offiziersposition entspricht, also einen Adels- oder sogar Freiherr-Titel, fallweise einen Graftitel erwerben. Die größte Bedeutung in der Reihe der diesbezüglichen Maßnahmen hatte dabei zweifelsohne die Gründung des ihren Namen tragenden Militärordens im Jahre 1757. Sie ermöglichte nämlich – mit den bis dahin geltenden Traditionen brechend –, dass er einem verhältnismäßig breiten Kreis zugänglich ist. Der Orden konnte nämlich unabhängig von der Religionszugehörigkeit, Herkunft und Rangstufe jedem hierzu würdigen Offizier verliehen werden. Zudem wurde der Offizier, dem der Orden jedweder Klasse verliehen wurde, automatisch in den Adelsstand erhoben, falls er noch kein Adeliger war, bzw. in den Ritterorden aufgenommen. Er konnte auch die Verleihung des Freiherr-Titels beantragen, den er in diesem Fall kostenfrei erhielt. Der Erhalt des Ordens ermöglichte also in vielen Fällen einen bedeutenden Fortschritt auf der gesellschaftlichen Rangleiter, auch mangels des ansonsten notwendigen finanziellen Hintergrunds.

Angesicht des Obigen ist es nicht verwunderlich, dass von den Husarenstabsoffizieren, die aus eigener Kraft einen Freiherr-Titel erlangt haben (24 Mann), der überwiegende Teil, nämlich 22 Mann, durch die Verleihung des Maria-Theresien-Ordens diese Würde erhielten. Aber auch von den 10 Fällen, in denen der Freiherr-Titel einem Familienmitglied zu verdanken war, stellte in 4 Fällen die Militärkarriere des Vaters den Schlüssel zum Aufstieg dar, und in 2 Fällen erhielten die Väter den Titel als Belohnung für ihren Beamtendienst. Die Erhebung in die Grafenwürde war bereits wesentlich schwieriger und deshalb auch seltener. Gut sichtbar ist dies an der Tatsache, dass der überwiegende Teil der 55 Mann, die über einen Grafentitel verfügten (46 Mann), von Geburt an ein Graf war. Sechs wurden dank eines Familienmitglieds zu Grafen, und lediglich drei Mann gelang es aus eigener Kraft solch einen hohen gesellschaftlichen Rang zu erreichen. Zwei Mann gelang dies geradewegs aus der Reihe des Kleinadels, wobei Letztere natürlich beide das Ritterkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens und sogar das Kommandantenkreuz erworben hatten.

Freiherr József Simonyi
Freiherr József Simonyi (bis 1804 Simon) im Jahr 1804
K.K. Oberst (18.3.1771 - 23.8.1832)
1813 bis 1825 Oberst und Kommandeur des k.k. Husarenregiment Erbprinz Hessen-Homburg Nr. 4
(Bildnachweis: Wikipedia)

Die Rangaufstiege, also den Aufstieg zum Adeligen, Freiherren oder Grafen, zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es aus der untersuchten Gruppe insgesamt 35 Mann, also 14%, gelang, aus eigener Kraft in der gesellschaftlichen Hierarchie einen Schritt nach oben zu machen. Wenn wir die 90 Personen, die von vornherein über einen Rangstitel verfügten oder später dank ihrer Familie erwarben und nicht mehr wirklich nach oben aufsteigen konnten, nicht hinzuzählen, erhalten wir 166 Personen, von denen die 35 Mann bereits 21% darstellen. Das heißt, ohne Rangstitel oder Adelstitel konnte Einfünftel aufsteigen, was auf jeden Fall beachtenswert ist. Zudem könnte dieser Anteil noch höher sein, weil von den Stabsoffizieren mit einem Militär-Maria-Theresien-Orden, aber ohne Rangstitel 13 Mann vom Recht der Verleihung des Freiherr-Titels nicht Gebrauch machten, obwohl sie die Möglichkeit dazu gehabt hätten. Die Möglichkeit des sozialen Aufstiegs wäre also neben den bereits erwähnten 35 Stabsoffizieren auch für sie eindeutig gegeben gewesen. Mit ihnen zusammen ergab sich also bereits für 48 Mann, also 28,92% der gemeinen oder der Personen adeliger Herkunft ohne Rangstitel (Eindrittel), die Möglichkeit, dank der Soldatenlaufbahn in der Gesellschaft aufzusteigen.

Die vorliegenden Forschungsergebnisse untermauern also eindeutig die Feststellung von József Zachar, die er auf Grund der groß angelegten Erschließung der kaiserlichen (kaiserlich-königlichen) Armee und des Kriegswesens zwischen 1683 und 1792 gemacht hatte, wonach die Soldatenlaufbahn eine größere gesellschaftliche Mobilität ermöglichte, als früher angenommen. Es muss jedoch festgehalten werden, dass die Möglichkeit hierzu insgesamt gesehen nur für einen engen Kreis, grundsätzlich den Soldaten adeliger Herkunft und einigen Gemeinen, darunter Personen, die überwiegend aus dem Bürgertum der Städte oder Marktflecken, oder aus sonstigen sozialen Schichten mit einer anderen freien Rechtsstellung stammten, gegeben war.

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© Napoleon Online - Letzte Aktualisierung am 23.11.2017
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