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Bayerische Infanterie 1812 (Teil 3)

 

Der Rückzug

Begünstigt durch einen aufkommenden Nebel am 19. Oktober entschied sich Gouvion St.-Cyr zum Rückzug aus Polotzk, der in der Nacht auf den 20. in Richtung Süden angetreten wurde. Während des Marsches verloren die Bayern am 24. Oktober 1812 bei Uszatz ihre mit nur wenig Kräften geschützte Kriegskasse und alle Fahnen der Linieninfanterie-Regimenter, die sich in einem Kassenwagen befanden (die Leichten Infanteriebataillone führten keine Fahnen mit sich). 22 Fahnen und 16.000 Gulden fielen in die Hände eines russischen Kommandos aus 2 Dragoner- und einer Ulanenschwadron unter dem Befehl des Obersten Albrecht.

Zwei Bayerische Linieninfanteristen (Detail des Gemäldes "Polotzk" von Wilhelm von Kobell, 1813 angefertigt, Residenz München)Der Rückzug ging über Danielowitze, das am 30. Oktober 1812 erreicht wurde und wo sich bayerische Reservetruppen der auf 2.000 Bayern dezimierten Truppe anschlossen. Wrede richtete sich in dieser befestigten Stadt ein, die den allgemeinen Rückzug der Großen Armee nach Wilna decken sollte. Am 13. November trafen die Infanterie-Brigade Coutard und die Kavallerie-Brigade Franceschi mit insgesamt 6.120 Mann und 1.803 Pferden ein, die aus französischen, polnischen, westphälischen und hessen-darmstädtischen Einheiten bestanden. Beide Brigaden wurden dem Oberbefehl Wredes unterstellt, der so auf etwa 10.000 Mann, darunter 3.405 bayerische Infanterie, zurückgreifen konnte. Am 18. November verließ die Armeegruppe unter Wrede Danielowitze in Richtung der Beresina. Die Einheiten schmolzen aber aufgrund der Kälte und der Schwäche sehr schnell dahin – das 1. Leichte Infanteriebataillon zählte Ende November nur noch 38 Mann (von ursprünglich etwa 600 beim Ausmarsch aus Bayern), das 9. Linien-Regiment nur 85 Mann (von ursprünglich über 1.500). Nach einem mehrtägigen Aufenthalt verließ Wrede am 30. November überstürzt Dokschitz, wobei ein größerer bayerischer Verbund in die Hände von Tettenborns Kosaken fiel. Am 4. Dezember kam es bei Weleika zu einem Gefecht mit etwa 1.800 Kosaken der Armee Wittgensteins und Wrede zog sich Richtung Slobodka zurück. Dort ging am 8. Dezember der Befehl ein, dass die Reste des Wredeschen Korps die Nachhut der Großen Armee zu bilden habe. Als die Truppen am 9. Dezember Wilna erreichten, stellte sich ihnen ein starker russischer Verband unter dem General Tschaplitz entgegen. Die Reste des VI. Korps durchbrachen die russische Linie und gelangten in die Stadt Wilna – dort lösten sich die Verbände aufgrund der vorherrschenden Unordnung auf. Es gelang Wrede, einige Bayern wieder zu sammeln, die dann geordnet den weiteren Rückzug der Großen Armee nach Kowno decken sollten. Am 11. Dezember stellte sich Wrede bei Czomorovi mit seiner verbliebenen „Armee“ aus den beiden bayerischen Divisionen, jede etwa 170 Mann stark, einer russischen Übermacht. Die erste „Division“ (frühere 19. Division) unter dem Befehl von General de la Motte wurde im weiteren Verlauf Marschall Ney direkt unterstellt, die sich am 13. Dezember einer russischen Übermacht ergab. Mit der zweiten „Division“, seiner eigenen, marschierte Wrede nach Kowno, wo er nur noch etwa 20 bewaffnete Soldaten unter seiner Führung zählen konnte. Mit diesen zog er dem von Murat zugewiesenen Sammelpunkt für das zerschlagene VI. Armeekorps, Balwierzisky in Polen, entgegen.

Naive Darstellung eines bayerischen Infanteristen 1812 (Armeemuseum Ingolstadt)Beispiele individueller Ruhmestaten

17. August 1812

  • Der Korporal Matthias Pünzner, 7. Füsilier-Kompanie des 2. Linien-Infanterieregiments, setzte inmitten der russischen Linie einen Hof im Dorfe Spas in Brand. Hierfür wurde ihm die silberne Verdienstmedaille verliehen.

18. August 1812

  • Feldwebel Johann Fuchs, 7. Füsilier-Kompanie des 4. Linien-Infanterieregiments, hielt in der Schlacht von Polotzk ein Bataillon versprengter Soldaten unterschiedlicher Regimenter zusammen. Hierfür erhielt er die goldene Militär-Verdienstmedaille.
  • Sergent Adam Conrad, 2. Füsilier-Kompanie des 4. Linien-Infanterieregiments, führte nach Verwundung bzw. Tod aller Offiziere, seine Kompanie – und dies auch noch, nachdem er einen Streifschuss am Fuß erhielt. Ihm wurde die goldene Militär-Verdienstmedaille verliehen.
  • Der Junker Karl Sartorius, 7. Linien-Infanterieregiment, übernahm in der Schlacht Feldwebeldienste und musste schwer verwundet vom Schlachtfeld transportiert werden. Für seinen Mut bekam er den Orden der französischen Ehrenlegion verliehen.
  • Feldwebel Karl Edlinger, 3. Füsilier-Kompanie des 8. Linien-Infanterieregiments, vermied durch einen Säbelhieb in den Arm eines russischen Kanoniers das Abfeuern einer Kanone auf seine Kameraden und ermöglichte dem Regiment die Erbeutung von 3 Kanonen. Er bekam den Orden der französischen Ehrenlegion verliehen.
  • Der Regimentstambour Bernhard Fiedler, 9. Linien-Infanterieregiment, stürmte alleine in eine Verschanzung der russischen Artillerie und ermöglichte durch Ablenkung der Kanoniere deren Einnahme durch seine Kameraden. Hierfür wurde ihm die goldene Militär-Verdienstmedaille zugesprochen.
  • Der Regimentstambour Ferdinand Pretzel, 10. Linien-Infanterieregiment, schlug als alleinig verbliebener Tambour infolge einer Verletzung einarmig eine Trommel. Hierfür erhielt er die silberne Militär-Verdienstmedaille.
  • Korporal Joseph Zehrer, 1. Grenadier-Kompanie des 10. Linien-Infanterieregiments, sammelte und führte seine Kompanie und ließ sich auch nicht durch eine Schussverletzung am Kopf davon abhalten. Ihm wurde die silberne Militär-Verdienstmedaille zugesprochen.
  • Sergent Michael Gensbauer, 3. Füsilier-Kompanie des 5. leichten Infanteriebataillons, rettete den tödlich verwundeten Hauptmann von Buchholz aus den Händen der Russen und brachte ihn in die eigenen Reihen zurück. Er erhielt das Ritterkreuz der französischen Ehrenlegion.

19. Oktober 1812

  • Korporal Georg Steuer, 2. Schützen-Kompanie des 11. Linien-Infanterieregiments, rettete während des Zurückweichens der bayerischen Linie seinen verwundeten Kompanieführer, Hauptmann Martin Rittmann, vor den Russen und sorgte für den Transport in das Hospital von Polotzk. Steuer wurde die silberne Militär-Verdienstmedaille verliehen.

14. Dezember 1812

  • Nach Überqueren des Njemen traf der Korporal Benedikt Schneller, 2. Grenadier-Kompanie des 3. Linien-Infanterieregiments, den Lieutenant Wilhelm Caries vom gleichen Regiment hilflos mit erfrorenen Gliedern vor. Er kaufte einen berittenen Schlitten sowie einige Nahrungsmittel und rettete neben seinem Leben auch das des Lieutenants. Hierfür wurde ihm die silberne Medaille des Verdienstordens der Bayerischen Krone verliehen.
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Literatur zur Bayerischen Infanterie 1812
  • Friedrich Münich „Geschichte der Entwicklung der bayerischen Armee seit zwei Jahrhunderten“. München 1864
  • „Unterricht in den Waffen-Uebungen für die Infanterie der königlich-baierischen National-Garde III. Klasse im Isar-Kreise“. München 1814
  • Th. Krauß „Geschichte der bayerischen Heeresabtheilung im Feldzuge gegen Russland 1812“. Augsburg 1857
  • Digby Smith „Armies of 1812“. Staplehurst 2002
  • „Rangliste der Königlich Bayerischen Armee für das Jahr 1811“. Osnabrück 1982
  • F. von Fabrice „Das königlich Bayerische 6. Infanterie-Regiments Kaiser Wilhelm, König von Preußen. II. Theil. 1805 bis 1835“. München 1896
  • Joseph Dauer „Das königlich Bayerische 10. Infanterie-Regiment Prinz Ludwig. 4. Band“. Ingolstadt 1901
  • Schubert „Geschichte des königlich Bayerischen 13. Infanterie-Regiment Kaiser Franz Josef von Österreich“.
  • K. Müller/L. Braun „Die Organisation, Bekleidung, Ausrüstung der Kgl. Bayer. Armee von 1806 bis 1906“. Reprint 1996
  • Oskar Bezzel „Geschichte des Königlich-Bayerischen Heeres unter König Max I. Joseph von 1806 bis 1825“. München 1933
  • J.B. Cantler „Der Bayerischen Armee sämtliche Uniformen von 1800-1873“. Schwarzbach 1972-1976
  • H. Knötel/M. Brauer „Uniformbogen 32, Bayern. Garde-, Linien- und leichte Infanterie 1804-1814“. Berlin
  • Richard Knötel „Uniformenkunde“. Rathenow 1890-1914
  • H. Knötel/M. Lezius „Deutsche Uniformen“. Sturm-Zigaretten-Album
  • M. Leyh „Die Feldzüge des Königlich bayerischen Heeres unter Max I. Joseph von 1805 bis 1815“. München 1933
  • F. Münich/L. Behringer „Die Uniformen der Bayerischen Armee 1682 bis 1848“. Reprint 1976
  • Kriegsarchiv „Der Bayerische Soldat im Felde. Erster Band“. München 1898
  • Paul Holzhausen „Die Deutschen 1812 in Russland“. Berlin 1912
     
© Napoleon Online - Letzte Aktualisierung am 08.07.2007
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